Die Tragödie von Moria war tagelang (trotz Corona und anderen Krisen) das Thema in den europäischen Medien. Neue Initiativen wurden gegründet um zu zeigen dass es in Österreich neben „herzlosen“ PolitikerInnen auch noch Menschlichkeit gibt. Seit den 1980er Jahren – als Haider Wahl nach Wahl immer noch mehr Stimmen erlangen konnte – sind in Österreich rechte bzw. rechtsextreme Parteien im Aufwind. Den Altparteien blieb bislang nur zu warten bis sich korruptionsanfällige rechte Politiker selbst ins Abseits stellten.

Was rechte Parteien eint ist ihre Einfallslosigkeit betreffend ihrer Themenbesetzung, welche immer auf die bösen Anderen, auf die Ausländer, auf die Flüchtlinge (insbesondere jene die aus dem muslimischen Raum kommen) zielt. Wir haben zahlreiche Tabubrüche miterlebt, welche eine Verächtlichmachung von Geflüchteten mittlerweile auch in der gesellschaftlichen und politischen Mitte möglich macht. Dass Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser eine Morddrohung für sich und seine Familie erhielt zeigt, wie sehr Menschen bereits der Verhetzung anheimgefallen sind. Wenn ein völlig überfülltes Flüchtlingslager von einzelnen Bewohnern selbst in Brand gesetzt wird, so sind die Schuldigen auszumachen und dafür zur Verantwortung zu ziehen.

Dass in diesem Zusammenhang pauschal von gewaltbereiten Flüchtlingen gesprochen wurde mag zwar einer Message Control gerecht werden ist aber ansonsten nur eine Abwehr um jeden Preis. Vielleicht auch eine Abwehr des eigenen, schlechten Gewissens das so manchen Verantwortungsträger wenn nicht schlaflose Nächte so doch am Ende der Legislaturperiode vielleicht den Verlust von ein paar Wählerstimmen bringen könnte? Wenn sogar der Boulevard bereit ist Kinder aufzunehmen, muss zumindest erwogen werden doch menschlich zu reagieren? Tatsächlich steht unumwunden fest – und die Bilder der Flüchtlingsfamilien mahnen uns dazu – hier muss geholfen werden. Aber nein wird uns vermittelt, die Flüchtlinge tragen selbst schuld an ihrem Unglück. Brandstifter die nicht mal die Feuerwehr ihre Arbeit machen lassen wollten.

So schnell lässt sich unser Über-Ich, also unser Gewissen außer Dienst setzen. Suggeriert wird mit der Aufnahme von Flüchtlingsfamilien bzw. unbegleiteten Minderjährigen Flüchtlingen potenzielle Pyromanen einreisen zu lassen. Die Menschen die die letzten Monate oder gar Jahre ihres Lebens auf Moria verbrachten zwingen uns nachzudenken über eine Welt die aus den Fugen zu raten droht und stören unser Urvertrauen in eine wenigstens einigermaßen funktionierende Welt in der wir vor ganz schlimmen Verlusten eher abgesichert sind.

Die AfghanInnen, IranerInnen, SyrerInnen usw. die auf der Suche nach einer gerechteren Welt auch nach Österreich zu kommen versuchen sind nach den Regeln der Genfer Konvention zu behandeln ohne in irgendeiner Weise vorverurteilt zu werden. Aktuell verstört mich ganz besonders der Fall der afghanischen Astronomin Amena Karimyan welche längst mittels eines Visums in Österreich sein sollte. Tatsächlich wurde sie bislang von den österreichischen Behörden im Stich gelassen. Bleibt zu hoffen dass hier schnell eine rettende Lösung für die junge Afghanin gefunden wird (SOS Mitmensch hat kürzlich mitgeteilt das die Dame von Deutschland völlig unbürokratisch und schnell aufgenommen wurde, blicken wir auf unser vorbildliches Nachbarland).

Ich bin seit zwei Jahrzehnten mit Flüchtlingsfamilien unterschiedlicher Nationen am Weg und meine das Begegnungen der beste Weg sind um Vorurteile abzubauen, Lügen als solche zu entlarven und Ängste dort zu haben wo sie angebracht sind (nämlich vor steil rückwärtsgewandten und nur an Macht interessierten Politikern).

Sigi Stupnig, Psychologe, Verein Inklusionsinitiative