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„Für Tschetschenen gibt es wohl überhaupt keinen Grund für Asyl“, laut Innenminister Sobotka.

Kürzlich wurden neun Tschetschenen in Wien und Niederösterreich festgenommen. Es wurden Vorwürfe wie schwerer Betrug, Brandstiftung, Erpressung und Nötigung geäußert. Nach 16 Hausdurchsuchungen wurden Waffen und Bargeld gefunden.

Die Fotos der Waffen in der Kronen Zeitung zeigen gewöhnliche Küchenmesser und ungefähr 300 Euro in einem Schmuckkästchen einer Frau liegen. Anhand dieser ach so gefährlichen „Waffen“, schließt man daraus, dass diese Männer einer Mafia angehören. Wie es scheint hat Innenminister Sobotka noch nie mit einer Mafia zu tun gehabt, oder den Film „Der Pate“ gesehen. Hätte er diesen Film gesehen oder hätte Österreich je mit einer echten Mafia zu tun gehabt, würde er selber merken, dass dieser Zeitungsartikel traurig und lächerlich ist. Es ist möglich, dass ein oder zwei der verhafteten Männer eine kriminelle Vergangenheit haben oder ein oder zwei von ihnen tatsächlich kriminell sind. Meine Frage ist, wer gibt Ihnen das Recht, Herr Sobotka, zu behaupten, dass es für alle Tschetschenen keinen Grund für Asyl gibt, dass alle Tschetschenen abgeschoben werden müssen? Kennen Sie jeden einzelnen der Tschetschenen, kennen Sie die Geschichte der Tschetschenen? Wie es aussieht tun Sie es nicht. Denn würden Sie die Geschichte kennen, wüssten Sie, dass es pro und anti russische Tschetschenen gibt.
Die Tschetschenen, die gegen das russische Regime sind, sind nicht aus freien Stücken hier, oder weil sie einen Ortswechsel wollten. Sie sind aus dem Krieg geflohen. Die Menschen die sich informiert haben über die Lage der Tschetschenen, die Menschen die ein wenig Mitleid haben und Empathie besitzen, wissen, dass in Tschetschenien eine Diktatur herrscht und kein Ort zum Leben ist.

Die, die in der Zeitung unter „Tschetschene“ abgebildet werden sind keine Tschetschenen, das sind Russen. Sie werden als russischer Staatsbürger registriert, das bedeutet, dass sie Russen sind. Weshalb wird nie jemand mit einem russischen Pass als Russe bezeichnet in den Zeitungen? Hat man einige der Österreichischen Journalisten, damit beauftragt, in jedem Artikel mindestens zwei Mal das Wort „Tschetschene“ fallen zu lassen, oder wieso heißt es überall: „Vermutlich waren es die Tschetschenen“. Meistens waren sie es dann doch nicht, aber das muss ja keiner wissen und eine Entschuldigung für die Falsche Aussage kann man auch nicht erwarten. Es sind nur Tschetschenen, sind keine Menschen, können sich eh nicht wehren.

Echt traurig mitanzusehen ist, dass Sie für Österreich als der große Held dastehen wollen, der die „bösen Tschetschenen“ vertrieben hat. Noch trauriger ist es zu sehen, dass viele ungebildete Menschen mit sehr wichtigen Meinungen, natürlich ihrer Ansicht nach, sich zu Wort melden wollen auf Sozialen Netzwerken. Selbstverständlich, dass dabei nichts Gutes herauskommt. Kommentare wie: „Dieser Sobotka ist aber ein harter Mann. Mich würde nur interessieren, was Tschetschenen überhaupt in Österreich verloren haben.“, oder „9 Tschetschenen in Haft. Toll. Und die anderen 59991 laufen noch immer frei herum.“ Wenn man so etwas liest kann man nur Mitleid für solche Menschen empfinden. Es gibt so viele Bildungsmöglichkeiten in Österreich, wo haben sich diese Menschen ihr Wissen angeeignet? In welcher Zeit sind sie stecken geblieben, dass sie solch unangemessene Bemerkungen machen wie: „Man sollte alle 16.000 aus Wien einsammeln und allesamt abschieben“.

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Viele Tschetschenen besuchen die Schule, studieren, gehen arbeiten, genauso wie die Österreicher. Manche leben von Sozialgeldern, weil sie im Krieg keine Bildungsmöglichkeiten hatten. Genauso leben aber viele Österreicher von Sozialgeldern. Viele Tschetschenen haben sich hier in Österreich mit harter Arbeit ein Leben aufgebaut und viele Tschetschenen geben sich viel Mühe dies immer noch zu tun. Dank solchen Aussagen wie vom Herrn Sobotka und den Zeitungsartikeln oder besser gesagt den witzigen Geschichten aus den “Österreich“ und “ Heute“ Zeitungen, muss sich jeder 5. Tschetschene mit Vorurteilen herumschlagen. Wie kommt man dazu sich für die Tat eines Fremden rechtfertigen zu müssen? In welchem Zeitalter leben wir hier?

Stadt Grozny unter dem Ersten russisch-tschetschenischen Krieg im Jahr 1996. Quelle: jeremynicholl.photoshelter.com

Jedes Land war einmal in Not, auch einige Österreicher mussten damals aus ihrem Land fliehen und um Asyl ansuchen. Niemand weiß was in Zukunft passieren wird oder auf wessen Hilfe man später einmal angewiesen ist. Wir sind alle Menschen, wir machen alle Fehler, werden alle mit verschiedene Situationen konfrontiert. Am Ende des Tages sind wir aber alle gleich ob Tschetschene oder Österreicher.

 

Kheda Iskhanova, Studentin der WU

 

Kulturverein ICHKERIA