Seit ihrer Festnahme im Juli sitzt die 16-jährige Sächsin Linda W. in einem irakischen Gefängnis. Ihre Hoffnung, bald nach Deutschland zurückkehren zu können, hat sich vorerst zerschlagen. Im Gegenteil: Der jungen Deutschen droht aufgrund ihrer IS-Mitgliedschaft nach wie vor die Todesstrafe. Neben Linda W. befinden sich noch drei weitere Deutsche in irakischer Haft.
Über Istanbul gelangte die zum Islam konvertierte Schülerin aus Pulsnitz in Sachsen im Juli 2016 in den Irak, genauer in die ehemalige Hochburg des so genannten Islamischen Staats in Mossul. Dort wurde sie nach bisherigem Kenntnisstand von Spezialkräften der irakischen Armee aufgespürt und verhaftet. Nach der Festnahme zeigte sich die junge Frau fast erleichtert:
Ich habe genug von Krieg, von all den Waffen, von all dem Leid. Ich will zurück nach Deutschland, zu meiner Familie“, erklärte die Schülerin im Juli gegenüber einem deutschen Investigativ-Reporter.
Linda W. soll Sprengstoff bei sich getragen haben
Nun jedoch bestätigte der irakische Premierminister Haidar al-Abadi, dass die junge Frau mit dem Schlimmsten rechnen muss. Aus folgendem Grund sei die Todesstrafe nach wie vor denkbar:
Teenager sind bestimmten Gesetzen zufolge verantwortlich für ihre Taten, besonders, wenn diese Tat eine kriminelle Handlung ist, wenn es um die Tötung unschuldiger Menschen geht.
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Was der jungen Sächsin seitens der irakischen Behörden konkret vorgeworfen wird, ist nach wie vor ungewiss. Sie soll Teil der IS-Sittenpolizei gewesen sein, ob sie auch an Gewalthandlungen teilnahm, ist weiterhin unbekannt. Der irakische Abgeordnete Vian Dakhil zeigt sich indes überzeugt, dass die deutsche Muslima „bereit gewesen“ sei, „vorrückende Truppen anzugreifen“. Immerhin sei die Konvertitin mit Sprengstoff aufgegriffen worden.
Bereits Anfang September wurde deutlich, dass die erhoffte baldige Rückkehr der Sächsin nach Deutschland nicht stattfinden wird. Der Frau drohe ein „langwieriges Strafverfahren“, kolportierten deutsche Medien. Dies bestätigte auf Anfrage von RT Deutsch auch das Auswärtige Amt. Demnach haben die irakischen Behörden ein Ermittlungsverfahren gegen die junge Sächsin eingeleitet.
Auch Generalbundesanwalt hat ein Verfahren eingeleitet
Aus der Antwort des Auswärtigen Amts geht hervor, dass Linda W. bei einer Rückkehr nach Deutschland ebenfalls ein Strafverfahren droht. Demnach habe auch der Generalbundesanwalt bereits ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Aktuell werde Linda W. von der Deutschen Botschaft in Bagdad konsularisch betreut.
In vergleichbaren Fällen hatten deutsche Gerichte bereits ehemalige deutsche IS-Kämpfern wegen „Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat“ oder der „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ zur Rechenschaft gezogen.
Wie ebenfalls aus der Antwort des Auswärtigen Amts auf die RT-Deutsch-Anfrage hervorgeht, betreut die Deutsche Botschaft in Bagdad zurzeit insgesamt vier deutsche Frauen konsularisch, Linda W. ist eine von ihnen. Aufgrund der Persönlichkeitsrechte und aus Datenschutzgründen sah sich das Auswärtige Amt außer Stande, weitere Informationen zum Fall Linda W. und den weiteren im Irak festgehaltenen mutmaßlichen IS-Kämpferinnen zur Verfügung zu stellen.
„Welt“: Mindestens fünf deutsche Frauen in irakischer Haft
Nach Angaben des Nachrichtenportals Die Welt befinden sich jedoch mindestens fünf deutsche Frauen in irakischer Gefangenschaft. Die übrigen der derzeit ingesamt zwanzig von irakischen Sicherheitskräften festgesetzten weiblichen IS-Unterstützer stammen demnach aus Russland, der Türkei, Kanada, Syrien, Libyen und dem Kaukasus.
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Noch im Juli berichtete eine weitere Quelle, dass neben Linda W. unter anderem auch eine 50-jährige Deutsche mit marokkanischen Wurzeln samt ihrer 20-jährigen Tochter im Irak inhaftiert sei. Auch eine in Tschetschenien geborene Deutsche soll sich demnach vor Ort in Haft befinden. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins Der Spiegel hat auch der Bundesnachrichtendienst Linda W. in der Zwischenzeit in Bagdad verhört. Nun dränge auch das Bundeskriminalamt auf Zugang zu den im Irak inhaftierten Deutschen.