Erpresst Russland US-Präsident Donald Trump? Ein Druckmittel könnten Kredite der Deutschen Bank sein. (Foto: picture alliance / Soeren Stache)

In der Russland-Affäre nimmt Sonderermittler Robert Mueller nun auch Donald Trumps Beziehungen zur Deutschen Bank unter die Lupe: „Die Bank spielt eine äußerst dubiose Rolle“, sagt Guardian-Journalist Luke Harding, der ein Enthüllungsbuch über Trumps Russland-Kontakte geschrieben hat.

 n-tv.de:  Sonderermittler Robert Mueller soll im Rahmen seiner Untersuchungen zu den Russland-Kontakten von Trumps Wahlkampfteam nun auch Dokumente von der Deutschen Bank angefordert haben. Das Weiße Haus bestreitet das. Was hofft Mueller zu finden?

Luke Harding: Mueller sucht nach Antworten auf die gleichen Fragen, die investigative Journalisten schon lange stellen. Und denen auch die Demokraten im US-Kongress schon lange nachgehen: Warum hat die Deutsche Bank Donald Trump weiter fast 300 Millionen Dollar geliehen, nachdem er 2008 einen riesigen Kredit der Bank nicht zurückgezahlt und sie auf Schadenersatz von drei Milliarden Dollar verklagt hat? Niemand versteht das. Ich habe Insider gefragt, ob das normal sei. Die Antwort war: ‚Willst du mich verarschen? Das ist absolut ungewöhnlich.‘ Leute in der Deutschen Bank selbst schütteln darüber den Kopf. Vielleicht bringen die Dokumente, die Mueller angefordert hat, endlich Licht ins Dunkel.

Haben Sie eine Erklärung dafür?

Wir wissen es nicht. Die Immobilienabteilung der Bank hatte Trump den ersten Kredit für seinen Büroturm in Chicago bewilligt, den er sich dann in der Finanzkrise aber weigerte zu bedienen. Später gab ihm dann die Vermögensverwaltung der Bank neue Kredite, um die Immobilienschulden zu begleichen und finanzierte ihn weiter. Das Geld hat ihn gerettet. Es ist doch sehr auffällig, dass die Deutsche Bank auch die Bank von Trumps Schwiegersohn Jared Kushner, dessen Mutter und Trumps Ex-Frau Ivana ist. Die Deutsche Bank behütet die gesamte Trump-Familie.

Die Deutsche Bank hat aber alle ihre Trump-Kredite schon lange gründlich auf mögliche Russland-Verbindungen geprüft – ohne Ergebnis. Warum glauben Sie, dass da trotzdem etwas faul ist?

Unsere Quellen in der Bank sagen, dass es eine interne Untersuchung gegeben hat, ob russische Staatsakteure die Trump-Kredite in irgendeiner Form garantiert haben. Angeblich wurde keine Spur nach Russland gefunden. Aber niemand bei der Deutschen Bank will das offiziell bestätigen. Niemand will Details nennen. Wir wissen es einfach nicht. Natürlich kann das stimmen. Aber weil die Deutsche Bank keine Informationen herausgibt, ist es extrem schwer, das einzuschätzen.

Das liegt vielleicht einfach daran, dass die Deutsche Bank ja verpflichtet ist, sensible Informationen über Kunden zu schützen, sei es Donald Trump oder sonst irgendjemand.

Das ist deren formaler, juristischer Einwand. Aber es geht hier nicht nur um die Vertraulichkeit von Kundendaten. Oder die Details von Donald Trumps Hypotheken. Es geht um öffentliche Rechenschaft über einen Interessenkonflikt mit dem amtierenden US-Präsidenten. Nachzufragen ist da legitim. Insbesondere, weil die Deutsche Bank zum Synonym für russische Geldwäsche geworden ist: Zur gleichen Zeit, als sie die fragwürdigen Kredite an Trump vergab, hat sie über „Spiegelgeschäfte“ fast zehn Milliarden Dollar für unbekannte russische VIP-Kunden gewaschen.

Welche Beziehung vermuten Sie zwischen den Krediten der Deutschen Bank an Donald Trump und Russland?

Eine wichtige Rolle spielt dabei womöglich die russische Staatsbank VTB. Sie ist faktisch der Banken-Arm des Kreml und aufs Engste verbunden mit den russischen Spionageaktivitäten weltweit. Meine Quellen in Moskau sagen mir, dass VTB die Moskauer Außenstelle der Deutschen Bank praktisch infiltriert hat. VTB-Chef Andrej Kostin war nach einhelliger Meinung in den 80er Jahren KGB-Auslandsagent. Sein Sohn arbeitete für die Deutsche Bank erst in London, dann in Moskau. Die Moskauer Niederlassung machte daraufhin Geschäfte von bis zu einer Milliarde Dollar jährlich mit VTB. Kurz darauf beginnt diese riesige Geldwäsche-Operation, die fast vier Jahre dauerte. Der Kopf der Operation, Tim Wiswell, kassierte Millionen dafür, die fragwürdigen Geldströme über die Deutsche Bank abzuwickeln.

Die entscheidende Frage ist doch aber, ob es eine Verbindung zwischen der Geldwäsche in Moskau und den Krediten an Trump in New York gibt.

Momentan haben wir zwei parallele Linien: Die Deutsche Bank in Moskau wäscht russisches Geld. Es fließt an die Deutsche-Bank-Filialen in London und New York. Gleichzeitig vergibt die Deutsche Bank Kredite an Donald Trump. Vielleicht hat beides nichts miteinander zu tun. Vielleicht kreuzen sich beide Linien aber auch. Bisher will die Deutsche Bank uns darüber nichts sagen. Ihre Rolle ist äußerst dubios.

Sie glauben also die Deutsche Bank war ein Kanal, über den schmutziges Geld aus Moskau an Trump geflossen ist?

Nein, das können wir nicht sagen. Wir können sagen, dass schmutziges Geld aus Moskau in die Deutsche Bank geflossen ist, und dass die Deutsche Bank gleichzeitig Kredite an Donald Trump vergeben hat. John Scarlett, der ehemalige Chef des britischen Geheimdienst MI6, hat gesagt: Die interessante Frage ist, welche Deals Donald Trump nach 2008 womöglich mit russischen Interessen abgeschlossen hat. Nicht ich stelle diese Frage, sondern der frühere Geheimdienstchef. Und ich denke es ist dieselbe Frage, die sich auch Sonderermittler Mueller sehr genau anschauen wird.

Da es bislang ja keine Beweise für aktuelle Verbindungen gibt: Welche finanziellen Beziehungen nach Russland hat Donald Trump in der Vergangenheit gehabt?

Sehr weitreichende. Sein Sohn Donald Trump jr. hat 2008 gesagt: Eine überproportional große Zahl unserer Kunden kommt aus Russland. Russische Mafiabosse haben schon in den 80er Jahren Apartments im Trump-Tower gekauft. Ein sehr berühmter Gangster, Wjatscheslaw Iwankow – Spitzname ‚Japontschik‘, der kleine Japaner – hat sich dort drei Jahre lang versteckt. Er wurde 2009 von einem Scharfschützen in Moskau erschossen. Wir wissen aus Gerichtsunterlagen, dass Trumps Geschäftspartner beim Bau des Trump-Turms in Soho angeblich postsowjetische Gangster waren. Russisches Geld wirbelt schon lange in Trumps Immobilien herum.

Nur weil russisches Mafia-Geld in Trumps Immobilien steckt, muss der US-Präsident doch heute keine Putin-Marionette sein?

Niemand zwingt dich, Geschäfte mit der russischen Mafia zu machen – weder in den Neunzigern noch später, als einige der Bosse dann in staatliche Strukturen wechselten. Man kann sein Geld auch anders verdienen.

Wie könnte Russland denn die Trump-Kredite der Deutschen Bank genutzt haben, um ein Druckmittel gegen den US-Präsidenten zu bekommen?

Wir müssen klar sagen, was wir wissen und was nicht: Es ist möglich, dass russische Staatsakteure heimlich die Kredite der Deutschen Bank an Trump garantiert haben. Oder die Deutsche Bank sie später an russische Staatsinteressen weiterverkauft hat. Es gibt dafür bislang aber keinen Beweis. Aber ich bin sicher, Sonderermittler Mueller wird dem sehr gründlich nachgehen.

Glauben Sie also, der US-Präsident verbirgt etwas?

Ich bitte Sie! (lacht) Warum hat er seine Steuererklärungen sonst nicht veröffentlicht? Erstens hat Trump, lassen Sie es uns so formulieren, ein ziemlich laxes Verhältnis zur Wahrheit. Und zweitens könnte er eine Menge beitragen, um dieses Rätsel aufzuklären. Aber er weigert sich schon seit langer Zeit. Zum Beispiel Details über seine zahlreichen Offshore-Firmen zu nennen. Eine sitzt auf Zypern. Man kommt nicht über die Strohmänner hinaus, die sie für ihn leiten. Man kennt ihre Geschäftsberichte nicht, man weiß nicht wieviel Umsatz sie macht.

Werden wir je die Wahrheit über Trumps Russland-Geschäfte erfahren?

Ich glaube ja, aber wir müssen Geduld haben. Die amerikanische Hälfte der geheimen Absprachen werden wir zum Großteil von Robert Mueller in den nächsten Monaten und Jahren erfahren. Die russische Hälfte ist so tief vergraben, dass wir bis zum Ende des Putin-Regimes darauf warten werden müssen. Sie und ich könnten schon alte Männer sein, wenn es soweit ist.

Mit Luke Harding sprach Hannes Vogel.

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Quelle: n-tv.de

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