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Trotz brummender Wirtschaft bleibt die Zahl der arbeitslosen Akademiker fast unverändert. Auch der Wettbewerb unter den Studenten ist gestiegen.

Wien – Hauptsache an die Uni. Wer Jus, Medizin oder ein technisches Fach studiert, wird schon irgendwo einen Job am Arbeitsmarkt finden – so lautete die Devise einiger Arbeitsmarktexperten in den letzten Jahren. Die Vollbeschäftigung werde für Akademiker fast von allein kommen.

Die aktuellen Arbeitsmarktzahlen lassen daran Zweifel aufkommen: Zwar ist die Arbeitslosenrate unter Akademikern im März um 3,1 Prozent auf 22.924 Personen zurückgegangen, allerdings ist der Rückgang in diesem Bereich vergleichsweise am geringsten ausgefallen. Zudem verzeichneten Akademiker mit 8,8 Prozent den höchsten Zuwachs bei Schulungen. Österreichweit war die Zahl der arbeitslosen Akademiker mit 11,6 Prozent in Wien am höchsten, die Zahl der Schulungsteilnehmer hat dort mit 13,5 Prozent am stärksten zugenommen.

Mehr Arbeitslose nach Flüchtlingskrise

Das habe vor allem mit der Flüchtlingskrise zu tun, meint Wifo-Arbeitsmarktexpertin Ulrike Huemer. Denn während die Arbeitslosigkeit unter inländischen Akademikern zurückgegangen sei, sei sie bei Akademikern aus Drittstaaten gestiegen. In der Statistik scheinen auch jene Asylberechtigten auf, die einen Hochschulabschluss aus ihrem Heimatland haben. Aufgrund fehlender Sprachkenntnisse sei die Integration in den Arbeitsmarkt schwieriger, so Huemer.

Besonders betroffen seien auch ältere Personen, meint Thomas Wychodil, Leiter des Akademikerzentrums in Wien, das arbeitslosen Akademikern Kurse und Jobs anbietet. Die Zahl der über 45-jährigen arbeitslosen Akademiker in Wien stieg im März um 3,1 Prozent, während sie bei älteren Arbeitslosen mit Pflichtschulabschluss und Lehrabschluss zurückging. Das habe auch mit dem Senioritätsprinzip zu tun, meint Wychodil, wonach ältere Personen mehr verdienen als jüngere.

Höherer Andrang an Universitäten

Aber es herrsche auch ein höherer Wettbewerb unter Studenten. So ist die Zahl der Absolventen in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, im Studienjahr 2015/16 um rund 3,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das erhöhe den Drang zur Spezialisierung. Bei der öffentlichen Hand habe zugleich ein Aufnahmestopp eingesetzt, akademisches Personal und Ausbildungsplätze seien abgebaut worden, so Wychodil.

Aber welches Fach studieren, um später einen Job zu bekommen? Insgesamt gibt es die meisten Arbeitslosen bei Jus, Betriebswirtschaftslehre, Psychologie und Medizin, allerdings werden diese Fächer als „Massenstudien“ auch von den meisten belegt. Die größten Zuwächse an Arbeitslosen im Vergleich zum Vorjahr gab es laut Arbeitsmarktservice 2017 in der Medizin (plus zehn Prozent), beim Lehramt (plus 8,8 Prozent) und in der Theologie (plus 28,3 Prozent), wobei Letztere mit 119 Arbeitslosen nur bedingt aussagekräftig ist.

Lehramt  566
Medizin  536
Psychologie  629
Biologie  430
Pädagogik  454
Publizistik  516
Jus  1.235
Betriebswirtschaft  1.733
Wirtschaftswissenschaften  401
Architektur  453

Vergleichsweise niedrige Arbeitslosigkeit

„Mit Medizin liegt die Jobgarantie trotzdem bei fast hundert Prozent“, beschwichtigt Wychodil. Dennoch seien die Zeiten vorbei, in denen man sich einfach inskribierte und später irgendwo einen Job bekam. Besonders Studierende sogenannter Orchideenfächer sollten sich frühzeitig im Studium Gedanken über den zukünftigen Job machen.

„Mit Medizin liegt die Jobgarantie trotzdem bei fast hundert Prozent“, beschwichtigt Wychodil. Dennoch seien die Zeiten vorbei, in denen man sich einfach inskribierte und später irgendwo einen Job bekam. Besonders Studierende sogenannter Orchideenfächer sollten sich frühzeitig im Studium Gedanken über den zukünftigen Job machen.

Nichtsdestotrotz bereite dem AMS die Gruppe der Akademiker die geringsten Sorgen: Unter Menschen mit Hochschulabschluss ist die Arbeitslosenrate mit 3,4 Prozent immer noch am niedrigsten. Zum Vergleich: Bei Menschen mit einer Pflichtschule als höchster Ausbildung lag die Arbeitslosenrate bei 24,8 Prozent. Zudem würden viele Akademiker schnell wieder einen Job finden.

Für Wychodil ein Grund mehr, dass sich Studieren nach wie vor auszahle. Nicht nur auf ökonomischer Ebene, sondern auch als soziale und persönliche Bereicherung. „Mehr Studenten schaden der Gesellschaft ganz sicher nicht, aber es muss auch nicht jeder Akademiker sein.“ (Jakob Pallinger, 4.4.2018)

Update

Das AMS hat die Daten für die Arbeitslosenquote 2017 für Personen mit Uni-, FH-, PH- oder Akademikerabschluss in Wien von 11,6 Prozent auf 4,6 Prozent revidiert. (Link zum Bericht)

derstandard.at