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Von der FPÖ gibt es Applaus für die Außenministerin, zu deren Hochzeit Kremlchef Putin anreisen wird. Russland-Experte Mangott ist skeptisch: „Für Österreich ist das nachteilig.“

Die Hochzeitsvorbereitungen laufen – die Kritik ebbt nicht ab. Gemeint ist: Österreichs, von der FPÖ nominierte, Außen- und Integrationsministerin Karin Kneissl wird am Wochenende dem steirischen Unternehmer Wolfgang Meilinger in der Steiermark das Ja-Wort geben. Die Trauung, konkret, einer der geladenen Gäste, sorgt aktuell für (negative) Schlagzeilen. Denn: Unter ihnen befindet sich der russische Präsident Wladimir Putin. Er wird am Samstag in Österreich eintreffen, bevor er am späten Nachmittag nach Deutschland weiterreist. Kneissl hatte ihn bei ihrer letzten Begegnung bei dessen Wien-Besuch im Juni persönlich eingeladen.

Der grüne EU-Abgeordnete Michel Reimon forderte deshalb am Donnerstag Kneissls Rücktritt. Seine Argumentation: „Ein Despot ist nie privat.“ Auch die Liste Pilz zeigte sich empört. Ablehnend bewertete nun auch der Russland-Experte Gerhard Mangott die Situation. Er befürchtet einen erheblichen politischen Flurschaden durch Putins Anwesenheit. „Für Österreich ist das nachteilig. Der Besuch schürt das Misstrauen, dass das Land ein trojanisches Pferd Russlands in der EU ist“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

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Erste Reaktionen in der Ukraine zeigten, dass Österreich als EU-Ratsvorsitzland seine Rolle als Vermittler im Ukraine-Konflikt deutlich beschädigt habe. Von dem Besuch profitiere nur die russlandnahe FPÖ, so der Experte. „Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache (der sich wie ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz ebenfalls zur Hochzeit angesagt hat, Anm.) erfährt eine deutliche Aufwertung“, so Mangott.

Mehr noch: Kneissls Einladung an Putin sei nach diplomatischen Gepflogenheiten äußerst befremdend, so der Innsbrucker Politikwissenschafter: „Das war wirklich kühn.“ Für Putin sei die Geste aber eine Gelegenheit zu demonstrieren, dass er nicht isoliert sei, sondern in einem EU-Land auch gesellschaftlich hochwillkommen.

Karas versteht Logik hinter Putin-Einladung nicht

Kritische Worte fand auch der ÖVP-Europaabgeordnete Othmar Karas. „Mir ist die Logik und die Absicht, ein so persönliches Fest auf diese Art und Weise politisch zu inszenieren und missbrauchbar zu machen, verschlossen“, sagte er in der Freitagausgabe der „Tiroler Tageszeitung“. „Für mich bleibt eine Hochzeit ein zutiefst persönliches und privates Ereignis mit den engsten Freunden, sodass ich beiden alles Gute wünsche“, erläuterte Karas.

Ähnlich die SPÖ-Delegationsleiterin im Europaparlament, Evelyn Regner. Es handele sich bei dem Hochzeitsbesuch um „eine Provokation mit europäischer Dimension“. Kneissl, „die sich in Diplomatie üben sollte, inszeniert ihre eigene Hochzeit, um Putin zu hofieren. Vom Brückenbauer-Image verabschiedet man sich komplett“, meinte Regner. Es sei beschämend, welches Bild die österreichische Regierung während des Ratsvorsitzes an die EU-Partner ausschicke.

Heimo Lepuschitz, Leiter der FPÖ-Regierungskommunikation, applaudierte der Außenministerin hingegen auf Twitter wegen der Einladung. „Österreich als Brückenbauer in bester Tradition Bruno Kreiskys“, kommentierte er den Besuch. „Bravo @Karin_Kneissl.“

 

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