Beim Westbalkan-Gipfel sollte es vor allem um den Aufschwung der brisanten Region und die Annäherung an die EU gehen. Doch Bundeskanzler Christian Kern reiste mit einem neuen Asylplan im Gepäck nach Triest. Dieser sieht etwa ein gemeinsames europäisches System vor, die verbesserte Zusammenarbeit mit den Staaten Zentralafrikas und einen effektiven, auch militärischen, Schutz der EU-Außengrenzen.

Den Westbalkan-Gipfel nehmen Kern und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (beide SPÖ) zum Anlass für ihren Sieben-Punkte-Plan, der bis zum Jahr 2020 umgesetzt werden sollte. Gerade im Kontext mit dem Balkan habe Europa gezeigt, dass es mit einer Flüchtlingswelle auch anders umgehen könne, heißt es in dem SPÖ-Papier. Nach dem Ende des Balkankriegs habe man klare Maßnahmen gesetzt, um die Staaten wieder zu stabilisieren. Ähnlich müsse man in der jetzigen Flüchtlingskrise vorgehen, so Kern und Doskozil.

Daher brauche es ein EU-Asylsystem. Derzeit hängen die Chancen auf Asyl davon ab, wo der Flüchtling darum ansucht  Ungarn etwa sieht Syrien als sicheren Staat an und verweigert Flüchtlingen aus der Kriegsregion meist das Bleiberecht. Die Asylanträge sollten in Verfahrenszentren außerhalb der EU entschieden werden.

Weiters brauche es eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Ländern Zentralafrikas sowie einen „Marshallplan“ für Nordafrika. Mit Informationskampagnen sollte gegen Schlepperbanden vorgegangen werden, die Rückführungen von Migranten, die kein Asyl erhalten, müsse vorangetrieben werden. Dazu schlägt die SPÖ vor, ein Mitglied der EU-Kommission mit dieser Aufgabe zu betrauen.

In dem Plan ist auch davon die Rede, dass auf die „Kapazitäten der EU-Staaten Rücksicht zu nehmen ist“  das ist zumindest die Andeutung einer europäischen Obergrenze.

Mehrheit der Migranten ohne Chance auf Asyl

Italiens Regierungschef Paolo Gentiloni wird über diese Wendung beim Gipfel nicht unerfreut sein. Das Land stößt mit der jüngsten Flüchtlingswelle über das Mittelmeer an seine Grenzen. Rom hat Hilfe und Solidarität von Europa eingefordert   allerdings: der Großteil der nun ankommenden Migranten stammt aus Westafrika und hat keine Chance auf Asyl.

Viele Länder wollen einen großen Bogen um das Asylthema machen. Die Westbalkan-Staaten sind froh, dass ihre Route geschlossen ist, sie befürchten, dass  sollte die EU im Mittelmeer hart durchgreifen  sich der Migrantenstrom wieder in ihre Gegend verlagert. Und Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel will sich angesichts der bevorstehenden Wahl nicht mehr als unbedingt nötig mit der Flüchtlingsfrage beschäftigen.

So soll sich das EU-Treffen mit den Westbalkan-Staaten vor allem auf den wirtschaftlichen Aufschwung der Region und deren Annäherung an die EU konzentrieren. Die Aussicht auf einen EU-Beitritt sei ein wichtiger Motor, heißt es. Eine Perspektive allerdings, die in weiter Ferne liegt.

Außenminister Kurz reiste weiter nach Südtirol

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP), der neben Kern am Gipfel in Triest teilnimmt, reiste bereits am Mittwoch weiter nach Südtirol. Wegen der Vorbereitungen für Grenzkontrollen am Brenner  ist die Stimmung zwischen Österreich und Italien und Südtirol im Besonderen  angespannt.

 

Doris Vettermann (aus Triest), Kronen Zeitung