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Koalitionsentwurf für Volksschulen ist fertig. Lehrergewerkschafter will Verbot bis 14 Jahre.

Wien. Ein Kopftuchverbot in Kindergärten wird heute, Mittwoch, im Nationalrat mit der Bund-Länder-Vereinbarung über Geld zum Ausbau der Kinderbetreuung beschlossen. Schon am Donnerstag folgt der nächste Schritt. ÖVP und FPÖ werden einen Initiativantrag für ein Kopftuchverbot in Volksschulen einbringen. Ein Entwurf dazu wurde nun der Opposition übermittelt, SPÖ und Neos sollen das Verbot mit einer Verfassungsbestimmung mitbeschließen. Bei Verstößen gegen das Kopftuchverbot in Volksschulen ist im Wiederholungsfall eine Geldstrafe bis 440 Euro oder als Ersatz eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen für die Eltern vorgesehen.

Das Kopftuchverbot soll gemäß dem Entwurf der Regierungsparteien im Schulunterrichtsgesetz als Verfassungsbestimmung im Paragraf 43a verankert werden. Darin wird festgehalten: „Um die bestmögliche Entwicklung und Entfaltung aller Schülerinnen und Schüler sicherzustellen, ist diesen bis zum Ende des Schuljahres, in welchem sie das 10. Lebensjahr vollenden, das Tragen weltanschaulich oder religiös geprägter Kleidung, mit der eine Verhüllung des Hauptes verbunden ist, untersagt. Dies dient der sozialen Integration von Kindern gemäß den lokalen Gebräuchen und Sitten, der Wahrung der verfassungsrechtlichen Grundwerte und Bildungsziele der Bundesverfassung sowie der Gleichstellung von Mann und Frau.“

„Rechte des Kindes stehen im Vordergrund“

Als Begründung führen ÖVP und FPÖ im Gesetzesentwurf an, dass „die Rechte des Kindes im Vordergrund stehen“. Die UN-Kinderrechtskonvention finde in Österreichs Bundesverfassung ihre Entsprechung. Weiter heißt es als Rechtfertigung, dass es sich um keinen zu weitreichenden Eingriff in Grund- und Freiheitsrechte handle: Auch im Zusammenhang mit der Religionsfreiheit und Elternrechten habe „der Staat eine besondere Schutzfunktion wahrzunehmen, um sozialen Druck auf Mädchen hintanzuhalten und deren freie Selbstbestimmung zu gewährleisten“.

Bei einem Verstoß gegen das Kopftuchverbot muss der Schuldirektor die Bildungsdirektion des Bundeslandes verständigen. Diese muss die Erziehungsberechtigten innerhalb von vier Tagen zu einem verpflichtenden Gespräch einladen. Kommen die Eltern der Vorladung nicht nach oder wird weiter gegen das Kopftuchverbot verstoßen, stelle das eine Verwaltungsübertretung dar, bei der Geldstrafen bis 440 Euro drohen.

SPÖ und Neos sichern zwar ihre Gesprächsbereitschaft zu. Allerdings betonen beide Oppositionsparteien, es dürfe sich nicht nur um Symbolik handeln. Sie fordern daher weiter ein Gesamtpaket zur Integration an Schulen und nicht nur ein Kopftuchverbot.

Die Regierungsparteien wehren sich gegen eine solche Verknüpfung. ÖVP-Klubobmann August Wöginger lädt die Opposition zur Zustimmung ein: „Es ist aber kein Basar wie in den alten rot-schwarzen Regierungen.“ FPÖ-Fraktionschef Walter Rosenkranz schloss ein Integrationspaket aus. Man werde das Kopftuchverbot „,mit oder ohne Opposition“ umsetzen, erklärte er der APA. Bei einer einfachgesetzlichen Regelung sehen aber Verfassungsexperten die Gefahr einer Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof.

SPÖ und Neos lehnen Direktiven der Koalition ab. „Wir sind keine Vollstreckungsdemokratie“, betonte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda. Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger ist gegen ein „Diktat“ eines Kopftuchverbotes und will eine breite Debatte.

„Kopftuchverbot ein Zeichen gegen Unterdrückung“

Einen „breiten gesellschaftlichen Konsens“ wünscht sich auch der Vorsitzende der Gewerkschaft der Pflichtschullehrer, Paul Kimberger. Er wolle nicht, dass man die Lehrer mit dieser Maßnahme alleine lasse. Für ihn ist ein Kopftuchverbot ein „Zeichen gegen Unterdrückung“. Im Gespräch mit der „Wiener Zeitung“ sagt Kimberger, er wünsche sich nicht nur ein Kopftuchverbot für die Volksschule, sondern bis zum 14. Lebensjahr. Er tue sich schwer zu argumentieren, dass für eine Zehnjährige ein Kopftuchverbot gelte, für eine Elfjährige nicht.

Zum Verbot selbst stellt er fest: „Da geht es nicht um das religiöse Symbol.“ Man solle aber den Kindern „eine möglichst freie Entwicklung einräumen“. Es gebe Fälle, bei denen Kommunikation allein nicht mehr ausreiche. Da solle man Sanktionen setzen. Es gehe auch um ein „Zeichen gegen radikale Gruppen“, die Werte wie Toleranz und Liberalität ablehnten. Beim Kopftuch handle es sich um „kein Massenphänomen“. Es gebe aber Probleme im Turn- und Werkunterricht und Probleme, „dass auch Kinder leiden, wenn sie ein Kopftuch tragen“.

Von Karl Ettinger

 

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