Stellen Sie sich die Menschen vor, die aus dem dreizehnjährigen Exil zurückgekehrt sind und ihre einheimischen Siedlungen nicht wiedererkennen. Alles ist überwachsen. Die Häuser sind verfallen und zerstört, selbst die Grabsteine ​​der Friedhöfe verschwunden. Wo sind sie? Wer könnte unter normalen Leuten denken, dass Platten aus den Gräbern Baumaterial sind und dass Sie in einem Haus mit Fundament dieser Platten leben könnten?

Ruslan Tulikov erinnert sich wie er nach dem Abitur mehrere Jahre in Grosny arbeitete und dann zum Direktor des Kulturhauses in Urus-Martan ernannt wurde. Es gab eine Reparatur weil die Fußböden renoviert wurden und ein Arbeiter kam zu ihm: »Das innere Fundament ist aus Grabsteinen gelegt, er ist voll von Churts!«. Ruslan konnte es nicht glauben und nahm eine Laterne und kletterte unter dem Boden eines Gebäudes, welches in den Jahren gebaut wurde, als die Tschetschenen in Kasachstan waren.

„Zum ersten Mal sah ich die langen Reihen von Grabsteinen, die aufeinandergestapelt waren. Es gab viele von ihnen. Später fand sich an den Stellen, an denen der Schweinestall stand, ein viel längeres ‚Band‘ aus Grabsteine. Selbst an Brückenpfeilern und in Straßen…“

Was hätte oder hätte ich im ersten Fall tun sollen? Ich stürzte zum Dorfrat. Es gab dort ein Treffen. Abgeordnete, Älteste, verschiedene Personen, und ich erklärte als energischer junger Mann, wie kann dies sein, dass hier eine Kirche steht und dann dies? Sofort wurde ich zum Schweigen gebracht „Was, du wusste es nicht noch nicht? … Diejenigen, die größer sind als wir, wissen es alle und können nichts tun. Also lasse einmal die Kirche im Dorf“

Wäre es im Grund nicht gerecht zu sagen: „Wenn alle Moscheen geschlossen sind, weshalb dann die Kirche nicht?“ Aber niemand hat das gesagt. Warum auch? Die Behörden würden lieber alle Kirchen im Land schließen, als eine Moschee in Grosny zu eröffnen. Wäre es für uns einfacher, wenn auch den Christen das Recht verweigert würde, Kirchen zu haben und zu besuchen?

In Urus-Martan gibt es einen Friedhof, mit einem Denkmal für die Opfern der Deportation des 23. Februar 1944 und der christliche Friedhof grenzt direkt daran an. Es wurde schon lange niemand mehr dort begraben aber in den frühen 1960er Jahren schützten Tschetschenen, die aus dem Exil zurückkehrten, beide Friedhöfe.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion begann auch allmählich der Zaun der beide Friedhöfe umgab zu zerfallen. Dennoch wurden in den frühen 2000er Jahren – in einer für sie selbst sehr schwierigen Zeit – von Einheimischen mit der Errichtung eines neuen Zauns begonnen, welcher die beiden Friedhöfe beschützte. Zwar sind die diversen Holzkreuze nicht mehr erhalten, aber eines aus Eisen steht noch. Niemand berührt und wird sich nie berühren.

Weder die Kreuze noch die Zäune geschweige denn die Grabsteine von christlichen Friedhöfen in Grosny wurde berührt. Darüber hinaus kümmert sich die Bevölkerung um diese Friedhöfe und das zu Recht. Selbst in den schwierigen Zeiten der beiden Kriegen, in denen viele die einzige Einnahmequelle fehlte und man sich mit der Sammlung und Lieferung von Metallschrott über Wasser hielt, fiel niemandem ein, dass ein Kreuz oder ein Zaun niedergerissen werden könnte.

Es gibt eine Linie, über die niemand hinausgehen darf. Die Entweihung von Gräbern ist das Schlimmste, was sich eine Person oder eine Gesellschaft leisten kann.

Nach der Vertreibung der Tschetschenen und Inguschen wurden die Grabsteine zum Straßenbau missbraucht, aber nicht, weil kein anderes Material für den Bau gab stand, sondern weil die Churts Denkmäler der wainachischen Kultur waren. Der gleiche Zweck – die Zerstörung von Spuren des Verbleibs der Bevölkerung auf diesem Land – bestand in der Umbenennung von Siedlungen unmittelbar nach der Deportation…

Obwohl sie jahrzehntelang auf demselben Fundament oder im Boden lagen und Zement oder anderes Bindematerial verwendet wurden, um sie aneinander zu befestigen, wurden die Farbe der Grabsteine nicht zerstört, sie verloren nicht ihre Frische und ihren Glanz.

Die Grabsteine existieren in, verschiedener Größe sowie Form und sind erstaunliche Denkmäler der Kultur der Menschen im Nordkaukasus. Sie können wie ein Buch „gelesen“ werden. Alte Churts sind in der Regel etwas Besonderes und erzählen ihre eigene Geschichte.

Wenn zum Beispiel eine Frauenfigur in einer Nationaltracht ohne Gürtel am Rand eingeschnitzt ist, dann war sie verheiratet, hatte eine Familie und Kinder. Wenn Sie am Kleid einen Gürtel trägt, bedeutet dies, dass die verstorbene unverheiratet war. Es gibt auch ein Zeichen auf den „männlichen“ Kirchen – ein Hinweisen auf das Handwerk, mit dem die Person im Leben beschäftigt war.

Meist sind die Grabsteine mit sehr hellen und unterschiedlichen Farben verziert inklusive kalligraphischer arabischer Schrift.