Der tschetschenische Historiker Mairbek Vatchagaev beschreibt, wie die Geschichte der Deportation von 1944 immer noch die Seelen der Tschetschenen und Inguschen berührt. »Wir werden nicht weinen! Wir werden nicht brechen! Wir werden nicht vergessen!« Diese Worte, die in den Jahren der Deportation zum Motto für alle Überlebenden Wainachen und ihrer Nachkommen wurden, sind in das Denkmal zur Erinnerung an die Opfer der stalinistischen Deportation im Zentrum von Grosny eingeritzt. Und obwohl das Denkmal mittlerweile zerstört ist, wird dieser Anruf (digital) weitergeleitet.

Die Vorbereitungen für die schreckliche Aktion begannen im Sommer 1943, als sich Einheiten des NKWD der UdSSR in und um Grosny konzentrierten. Sie nahmen nicht am Krieg teil, aber die Behörden erklärten ihre Ankunft durch die Notwendigkeit einer »Erholungspause für die von der Front entfernten Einheiten«. Bis Ende des Jahres waren diese Truppen in allen tschetschenisch-Inguschetischen Siedlungen omnipräsent.

Sie wurden in ländlichen Vereinen sowie Dorfräten untergebracht und am Ende des Monats (Feb.1944) wurde das Militär auf jede Familie verteilt. Trotz der Geheimhaltung der Operation verbreiteten sich Gerüchte über die bevorstehende Vertreibung unter Tschetschenen und Inguschen. Informationen erhielten Sie von einzelnen Soldaten – als Antwort auf die Gastfreundschaft und die herzliche Begrüßung durch die örtliche Bevölkerung, die Brot und Salz mit ihnen teilte, waren die Soldaten mit Mitleid erfüllt und sagten den Einheimischen im Geheimen, dass sie nur das Nötigste mitnehmen könnten (warme Kleidung und Essen) für ein paar Tage.

Die Leute begannen schnell, Wertsachen zu verkaufen und Bullen zu kaufen (Pferde wurden für die Bedürfnisse der Front enteignet). Die Bewohner glaubten, dass sie sich wie früher (in die Berge) zurückziehen könnten – mit ihren bescheidenen Sachen auf Karren. Tiere durften jedoch nicht mitgenommen werden, so dass am Tag der Deportation diese in jedem Hof verblieben.

Der Weg ins Exil erstreckte sich über zwei bis drei Wochen: Wie die Karatschaier im November 1943 wurden die Wainachen mit circa sechstausend Armeefahrzeugen von Dörfern zu Eisenbahnschienen geschickt. Von dort fuhren Züge nach Kasachstan und Kirgisistan.

Das Dekret über die Abschaffung der autonomen sowjetischen sozialistischen autonomen Republik Tschetschenien-Inguschetiens vom 7. März 1944 stellte fest, dass der Grund für die erzwungene Deportation (Operationen »Tschetschewiza«) die Tatsache sei »dass während des Vaterländischen Krieges, insbesondere während der Aktionen der deutschen faschistischen Truppen im Kaukasus, viele Tschetschenen und Inguschen ihre Heimat gewechselt haben, auf die Seite der faschistischen Invasoren übergetreten sind und sich den Mannschaften der Saboteure und Aufklärern anschlossen, welche die Deutschen im Hinterland der Roten Armee abgesetzt haben auf Befehl der Deutschen um als bewaffnete Banden, gegen die Sowjetmacht zu kämpfen.«

Und die Bevölkerung der Sowjetunion glaubte daran. Denn außerhalb der Region wussten die Menschen dieses riesigen Landes nicht einmal, dass die Deutschen das Territorium der Autonomen sozialistischen Sowjetischen Republik Tschetschenisch-Inguschetien nicht besetzten. Man könnte sich verwundert fragen, von welcher Zeit des Krieges gesprochen wird und um was für eine Kollaboration es sich handelt, wenn die einheimische Bevölkerung diese Deutschen nicht einmal sah? Um auf deutsche Seite zu gelangen, war es zumindest notwendig, die Front selbst zu überqueren, weil die Wehrmacht selbst nur bis Maikop respektive Malgobek kam. Aber Stalin und seine Schergen kümmerten sich nicht um diese Diskrepanz mit der Realität.

Es bleibt auch unklar, warum der Volkskommissar Berija Lawrenti Truppen unter seiner Kontrolle nicht für die Front, sondern für die Vertreibung seiner Mitbürger einsetzte. Es waren ungefähr 164.057 Offiziere und Kämpfer der NKWD-Truppen, 34.075 operative Staatssicherheits- und Polizeibeamte in der Region. Mit solchen Kräften konnte er, wenn gewünscht, die Lage in jedem Teil des Krieges an der kaukasischen Front drastisch ändern, tat dies aber nicht. Um sich nicht des Scheiterns vorzuwerfen, entschied er sich außerdem, nach oben über die massive Bildung von Bandenwesen in der Region zu berichten, für dessen Gefangennahme und Neutralisierung er angeblich so beeindruckende Kräfte brauchte. Dort stellte er die Tat selbst als ein Verbrechen gegen das eigene Volk und den Staat dar!

Wenn die sogenannten tschetschenischen »Banditen« laut NKWD zwischen 150 und 200 Banden waren und aus 2-3.000 Personen bestanden (Dh. Es gab nicht einmal genaue Daten, aber es gibt erhebliche Unterschiede zwischen 150 und 200 Banden!), dazu Deserteure von 7 bis 14 tausend Mann, warum fiel in den Tagen der Deportation, als sich alle Menschen in den Autos befanden, diese Zahl zeitweise?

Der Bericht von Berija sagte, dass etwa 780 Menschen getötet und 2016 »antisowjetischen Elemente« verhaftet worden seien. Hier fehlen weitere 1200-1400. Wohin verschwanden Sie? In der Tat gelang es dem sowjetischen Staat zum ersten Mal in der Geschichte, ausnahmslos alle Einwohner in einem begrenzten Raum unter ihre Kontrolle zu bringen, ohne Zig oder Hunderte von Menschen zu zählen, die versehentlich oder vorsätzlich aus einer Kolonne geflohen waren. Insgesamt wurden nach der Vertreibung 300 Menschen getötet.

Von den «antisowjetischen Elementen» von 2016 Verhafteten sowie von der Zahl der 780 Getöteten (die in Haibach lebendig verbrannten Personen nicht mitgezählt) sind die meistens diejenigen, welche während des Ladens auf die Fahrzeuge in den Dörfern erschossen wurden. Wo sind also diese Zehntausende von Verrätern, aus denen ganze ethnische Gruppen deportiert wurden?

Ganz zu schweigen davon, dass Tschetschenien-Inguschetien in Bezug auf die Anzahl der sogenannten »Banden« nicht einmal unter den ersten drei der Regionen des Nordkaukasus war. Nur einige der mythischen Tausende, die in den von Berija Lawrenti unterzeichneten Berichten von Grosny nach Moskau berichtet wurden, wurden verurteilt und in Lager in Sibirien geschickt.

Tausende von Tschetschenen und Inguschen wurden jedoch von der Front entfernt, um sie zu ihren Familien in Kasachstan und Kirgisistan zu schicken. Die wenigen, die nach Berlin kamen, wurden gezwungen, sich unter anderen Namen in der Spalte »Nationalität« zu registrieren und wussten teils nicht einmal, dass sie ihrer Heimat beraubt waren.

In der Sowjetunion und in Russland schwiegen man 70 Jahre lang darüber, dass die Festung Brest von zweihundert Eingeborenen der Tschetschenisch-Inguschischen-ASSR verteidigt wurde, während der derzeitige Präsident der Russischen Föderation, Wladimir Putin, dies nicht tut.

Seit Jahrzehnten dichtet man Tschetschenen einige Legionen unter der Flagge der Wehrmacht an, von denen tatsächlich bisher nur drei Dutzend Tschetschenen identifiziert wurden. Die Behörden haben die Öffentlichkeit absichtlich in die Irre geführt und verwiesen auf die massive Desertion von Tschetschenen und Inguschen, die faktisch nie an die Front geschickt wurden, sondern ausschließlich zum Graben von Grosny usw. verwendet wurden.

Der tschetschenische Politikwissenschaftler Abdurakhman Avtorkhanov erwähnte in seinem 1952 in München veröffentlichten Buch »Der Volksmord in der UdSSR. Der Mord an den Tschetschenen« unter anderem die Gründe für die »Auslöschung der Bergbewohner«, da die Gorzy »dauerhaft für die nationale Unabhängigkeit kämpfen« und in der Tat »das abscheuliche System des Sowjets als Kolonialregime nicht anerkennen…«