
Gibt es nicht nur beim Militär, sondern auch im skandalgebeutelten BVT einen Spion Putins? Die Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt aktuell – abseits der altbekannten Affäre – gegen einen Verfassungsschutz-Beamten. Die hochbrisanten Vorwürfe: Verrat von Staatsgeheimnissen an die Russen!
Während das Abwehramt den Oberst in den eigenen Reihen als mutmaßlichen Russen-Agenten enttarnte, laufen seit einem Jahr auch gegen den polizeilichen Nachrichtendienst im Land Ermittlungen. Dabei geht es aber nicht um die seit Monaten diskutierten Vorwürfe des möglichen Amtsmissbrauchs durch die Weitergabe von nordkoreanischen Passrohlingen an Südkorea oder nicht gelöschte Daten.
Geheime Dokumente weitergegeben?
Vielmehr besteht der Verdacht des Verrats von Staatsgeheimnissen (bis zu zehn Jahre Haft) durch einen BVT-Beamten! Deswegen gab es bereits Wochen vor der Skandal-Razzia eine Hausdurchsuchung in der Staatsschutz-Zentrale bzw. an zwei Wohnadressen des Beschuldigten. Dieser soll klassifizierte, also geheime Dokumente an den russischen Nachrichtendienst weitergegeben haben. Auch eine Kontoöffnung wurde veranlasst.
BVT wird umstrukturiert
Indes wurden auch neue Details zur BVT-Umstrukturierung bekannt. Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) will den Verfassungsschutz um 100 Mann aufstocken und eine neue Einheit im Amt aufbauen. Anders als ursprünglich geplant, soll es somit auch keine Auslagerung ins Bundeskriminalamt geben.
Österreich – brisante Drehscheibe zwischen Ost und West
Es kommt nicht von ungefähr, dass Wien immer wieder in Filmen und Büchern mit Spionageaktivitäten in Verbindung gebracht wird. Die (neutrale) Lage zwischen Ost und West – vor allem in Zeiten des Kalten Krieges – machte die Donaumetropole für Nachrichtendienste höchst interessant.
Doch Fälle von Spionage sind schon Jahrzehnte zuvor aktenkundig. Der enttarnte k.u.k.-Oberst Redl (er hatte für die Russen spioniert) nahm sich im Jahr 1913 das Leben. Zuletzt sorgten auch Aktivitäten des US-Dienstes NSA in einer Villa in Wien-Währing für Wirbel.
Gift und Gerüchte:
- Hinter den Aktivitäten des pensionierten Bundesheer-Obersts soll also der russische Militärnachrichtendienst GRU (Glawnoje Raswedywatelnoje Uprawlenije) stecken. Seine Hauptaufgaben sind die Beschaffung aller militärisch relevanten Informationen und die Spionageabwehr. Der GRU ist dem Verteidigungsministerium unterstellt.
- Der Nachrichtendienst (gegründet 1918) unterhält auch eine eigene Spezialeinheit (Speznas), die über Aufklärungsflugzeuge und auch Panzer verfügen sollen.
- Der GRU wird unter anderem mit dem Giftanschlag auf den Doppelagenten Sergej Skripal und dessen Tochter Julia im März dieses Jahres im englischen Salisbury in Verbindung gebracht.
- Die Niederlande vermuten Agenten des GRU auch hinter dem jüngsten Hackerangriff auf die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) – die zwei ertappten „Diplomaten“ wurden ausgewiesen.
Christoph Budin,
Kronen Zeitung