Was geschah in Tschetschenien? Ein russischer Offizier führte Tagebuch. WELT ONLINE veröffentlicht exklusiv Dokumente eines brutalen Krieges.

Dieses sehr persönliche Tagebuch stammt von einem ehemaligen Speznaz-Offizier, der im zweiten Tschetschenien-Krieg an fast 20 „Dienstreisen“ – so werden die Abkommandierungen nach Tschetschenien offiziell genannt – teilnahm, und gibt einen ungeschönten Einblick in die Grausamkeiten des Krieges. Um den Autor zu schützen, wurden Personennamen abgekürzt und Ortsnamen weggelassen.

Die „Dienstreise“ beginnt

* Bald geht es auf eine Dienstreise. Ich habe in der Seele eine schlechte Vorahnung. In der Einheit kamen die ersten Särge an. Sie verbrannten unsere Kolonne in… Unsere Jungs starben. Die Tschechi (Tschetschenen – d. Red.) verbrannten die Verwundeten im BTR (gepanzerter Truppentransporter) bei lebendigem Leibe. Dem, der auf dem Platz des Kommandanten saß, schossen sie in den Kopf. So begann für unsere Einheit der zweite Krieg. Ich war übel gelaunt und hatte schlechte Vorahnungen. Ich begann, mich darauf vorzubereiten, ich wusste einfach, was uns erwartete.

* Plötzlich begann ein PK (Kalaschnikow) der Bojewiki (Guerilla-Kämpfer) zu arbeiten, A. schrie rechtzeitig, so dass ich mich hinwerfen konnte, die Kugeln gingen über mich hinweg, zu hören war ihr melodischer Flug. A., B. und W. begannen zurück zu hämmern, gaben mir Feuerschutz, ich kroch. Alles geschah instinktiv, ich wollte überleben, deshalb kroch ich. Als ich bis zu ihnen gekrochen war, schossen sie mit Granatwerfern auf den Maschinengewehrschützen. Schieferstücke flogen umher, er schwieg, was mit ihm geschah, weiß ich nicht. Wie gingen auf unsere Ausgangsposition zurück. Für mich war das der erste Kampf, es war schrecklich, nur für Idioten ist es nicht schrecklich. Angst – das ist der Instinkt zur Selbsterhaltung, sie hilft zu überleben. Zu überleben helfen auch die Jungs, die mit dir in diesen Schusswechsel geraten sind…

* Wir haben direkt im Schnee geschlafen, Bretter untergelegt und uns eng aneinander geschmiegt. Frost und Wind. Der Mensch gewöhnt sich an alles, überlebt überall, abhängig von seiner Ausbildung und seinen inneren Fähigkeiten. Wir entzündeten ein Lagerfeuer und legten uns daneben. Nachts schossen wir mit Granatwerfern auf …, schliefen abwechselnd.

* Am Morgen gingen wir auf dem gleichen Wege und ich erinnerte mich an das gestrige Gefecht. Ich sah die Ortsbewohner, die den Bojewiki den Weg gezeigt haben. Sie schauten schweigend auf uns, wir auf sie. Alle hatten Hass und Bösartigkeit in den Augen. Wir gingen die Straße entlang, ohne irgendwelche Exzesse. Wir kamen ins Zentrum von …und bewegten uns auf das Krankenhaus zu, wo die Bojewiki saßen. Auf dem Wege dorthin putzten wir ein Kesselhaus weg. Überall lagen abgerissene Finger und andere Körperteile, überall war Blut. Am Eingang zum Krankenhaus sagten uns Ortsbewohner, dass sie einen gefangenen Soldaten hätten, dem die Bojewiki die Beine und die Hände gebrochen hätten, damit er nicht abhauen konnte.

* Als die Gruppe zum Krankenhaus kam, war es schon von unseren Truppen eingenommen worden. Wir mussten einen Keller mit verwundeten Kämpfern bewachen, dort waren etwa 30 Menschen. Als ich runterkam, sah ich viele verwundete tschetschenische Kämpfer. Unter ihnen waren auch Russen, warum sie gegen uns kämpften, weiß ich nicht.

* Sie blickten mit einem derartigen Hass zu mir, dass ich die Hand von selbst an den Automaten (umgangssprachlich für Kalaschnikow) presste. Ich ging raus, neben dem Eingang stand A. Wir warteten auf die nächsten Anweisungen. Als ich neben dem Keller stand, kamen zwei Frauen zu mir und baten, einen der Verwundeten nach Hause zu lassen. Ich war ein wenig verwirrt von dieser Bitte. Ich weiß nicht, warum ich zustimmte. Darauf werde ich wohl nie eine Antwort finden. Mir taten die Frauen Leid, ich hätte ihn auch erschießen können, aber die Ortsbewohner hatten ja auch das Leben eines unserer verwundeten Soldaten gerettet. Vielleicht war das so eine Art Austausch.

* Später wurden die Verwundeten von Vertretern des Justizministeriums von … abgeholt. Das war wirklich ein widerwärtiges Bild. Sie hatten Angst, als erste in den Keller zu gehen und forderten mich auf voran zu gehen. Als die Omon-Leute (Milizabteilung zur besonderen Verwendung) begriffen, dass nichts sie bedroht, begannen sie, die Verwundeten mit den Händen nach oben zu zerren, sie zogen sie völlig nackt aus und verfrachteten sie in einen Gefängniswagen. Einige kamen selbst heraus, anderen wurden heraus gezerrt. Ein Kämpfer kam selbst nach oben. Er hatte keinen Fuß, er ging auf dem Stumpf, er kam bis zum Zaun und verlor das Bewusstsein. Sie verprügelten ihn, zogen ihn nackt aus und warfen ihn in den Gefängniswagen. Sie taten mir nicht Leid, es war nur widerwärtig, diese Szene mit anzusehen.

* Wir umstellten das Dorf, gruben uns direkt auf den Feldern ein. Schnee, Dreck und Schlamm, aber wir gruben uns ein und übernachteten. Nachts kontrollierte ich unsere Stellung. Alle froren, aber sie lagen in den Erdschanzen. Am Morgen gingen wir erneut in das Dorf, säuberten auf dem Wege alle Häuser. Dort kochte die Erde vor Kugeln. Unserer Truppe schnitten sie wie immer den Weg ab. Die Kämpfer griffen an. Wir fielen wie die Deutschen ’41. Die Karausche (junger, unerfahrener Soldat) rannte einfach vor ihnen her, brüllte „Schuss“ und feuerte mit dem Granatwerfer auf sie. A. kam angelaufen, er war in der Brust und am Kopf verwundet.

* Dort war nur noch B. geblieben, sie schossen ihn in beide Beine und er lag da und feuerte. Dann fiel er mir auf die Knie und flüsterte: „Chhh, rette mich. Ich sterbe“, und verstummte. Ich gab ihm eine Injektion Promedol (starkes Schmerzmittel). Ich stieß ihn an die Schulter und sagte ihm: „Alles normal. Du wirst mich noch bei der Demobilisierung nerven.“ Ein Transporter kam heran, ich sagte W. und G., sie sollten ihn zu dem Haus bringen, wo unsere waren. Sie schafften es bis zum dem Drahtzaun zwischen den Häusern, als sie von der Geschossgarbe eines Maschinengewehrs erfasst wurden. W. bekam eine Kugel in die Hand, G. ins Bein. Die gesamte Garbe erwischte A., weil er in der Mitte war. Sie ließen ihn am Maschendrahtzaun liegen, und D. sammelte alle Verwundeten, sie krochen vom Haus weg, weil das schon zusammenbrach.

* Wir feuerten von der Hausecke. Unsere warfen alle Verwundeten über den Drahtzaun. Blieb nur noch der Körper von A. Da sprang E. über den Zaun. Aber erneut wurde das Feuer auf uns eröffnet. Wir warfen uns hin. Sch. schrie, dass wir auf seine Kommando alle gleichzeitig laufen sollen. Wir packen A. und springen alle über den Zaun. Neben dem Loch in der Mauer, wohin wir gekrochen waren, wurde S., der uns Feuerschutz gab, im Hals getroffen, er fiel ganz mit Blut bedeckt. Wir evakuierten schnell alle Verwundeten mit einem BTR. A. starb. Das erfuhren wir später. Aber noch wurde gekämpft. Wir schossen.

* Wir fuhren mit einem BTR in die Ausgangsstellung. Übernachteten zusammen mit der 1GSN (Spezialeinheit; ursprünglich, um von Terroristen besetzte Flugzeuge zu stürmen). Sie hatten im Kampf sieben Mann verloren und noch ein schwerer Tag stand bevor. Ich griff eine Flasche Tschetschenen-Wodka, wir gedachten ihrer schweigend und schweigend gingen wir zum Schlafen auseinander, jeder dorthin, wo es sich gerade ergab. Alle warteten auf den morgigen Tag.

* Am Lagerfeuer erzählten die Jungs von den Gefallenen im 1GSN. K. wurde von einem Scharfschützen in den Kopf getroffen, er war Maschinengewehrschütze. Ein Scharfschütze traf L. zuerst ins Visier, dann in den Kopf. M. fiel und wie er fiel, sah sein Zwillingsbruder mit an, der mit ihm zusammen war. Er sah den Toten und führte den Kampf bis zu Ende, geriet nicht in Panik und verlor nicht den Kopf, sondern kämpfte weiter. So etwas hatte ich noch nie gesehen oder gehört. Diesen Heroismus hat Russland nicht gewürdigt, ebenso wenig die Heldentaten der Jungs, die in Tschetschenien gekämpft haben.

* Mich haben die Worte eines idiotischen Generals erschüttert. Er wurde gefragt, warum man den Familien der U-Boot-Fahrer, die mit der „Kursk“ unter gegangen sind, 700.000 Rubel zahlt, aber den Familien der in Tschetschenien Gefallenen bisher noch nichts gezahlt hat. Er antwortete, dass das ungeplante Opfer gewesen seien, in Tschetschenien – geplante. Das heißt, wir, die wir unsere Pflicht in Tschetschenien erfüllen, sind bereits geplante Opfer. Solche Ungeheuer von Generälen gibt es sehr viele. Immer hat der einfache Soldat gelitten. Und in der Armee hat es immer zwei Meinungen gegeben: die jener, die die Befehle gaben. Und jener, die sie auszuführen hatten, also wir.

Wir töteten 168 Menschen

* Zum Übernachten brachten sie uns etwas zu Essen und unseren Wodka. Das nahm etwas von der Anspannung des gestrigen Kampfes. Nach einer Umgruppierung gingen wir auf der alten Marschroute ins Dorf. Wir gingen auf den Spuren des gestrigen Kampfes. In dem Haus, in dem wir uns aufgehalten hatten, war alles verbrannt. Ringsum war viel Blut, Geschosshülsen, zerrissene schusssichere Westen. Als wir ins Haus kamen, fanden wir die Leichen von Bojewiki. Sie war in Gruben im Mais versteckt. In einem der Keller entdeckten wir verwundete Söldner. Sie waren aus Moskau, aus Piter (St..Petersburg), aus Perm. Sie flehten uns an, sie nicht zu töten, sie hätten Familien, Kinder zu Hause. Sind wir vielleicht aus einem Kinderheim in dieses Loch geflohen? Wir haben sie alle erschossen. Nachts fuhren wir aus dem Dorf. Alles brannte und verweste. So wurde noch ein Dorf vom Krieg ausgelöscht. Das Gesehene erfüllte die Seele mit einem finsteren Gefühl. In diesem Kampf verloren die Bojewiki 168 Menschen.

* Ich war so erfroren, dass ich die Hände nicht aus den Taschen ziehen konnte. Nasar zog eine Flasche Sprit heraus und schlug vor, sich aufzuwärmen, es brauchte nur etwas zum Verdünnen. Wir schickten A. und B. zu einem Bewässerungskanal. B. füllte Wasser ein, A. sicherte ihn. In dem Moment kamen ihnen etwa 15 Kämpfer entgegen. Die Entfernung betrug 25 bis 30 Meter, es dämmerte und alles war zu sehen. Sie marschierten kühn in der Öffentlichkeit ohne Sicherungspatrouille. Als sie uns sahen, reagierten sie verwirrt und hielten an. A. und B. kamen zu uns zurück. Die Kämpfer schossen nicht, ich weckte die anderen.

* Sie warfen sich hin und schossen nicht. Die Zeit lief für den, der zuerst zuschlägt. W. schlug als Erster zu mit dem KPWT (schweres Maschinengewehr). Das Gefecht begann. Ich hockte mich neben das Vorderrad eines BTR und begann zu schießen. Unser Maschinengewehrschütze arbeitete, der Panzer feuerte, die Kämpfer wichen zurück. Sie hatten viele Verwundete und Gefallene. Der Panzer konnte sich in der Dunkelheit nicht orientieren. Als ich zu ihm hinlief, geriet ich in die Schusslinie des Panzers. Ich wurde verletzt. 20 Minuten konnte ich nicht zur Besinnung kommen. Sie zogen mich da raus. Ich kroch zum Maschinengewehrschützen und wir verteidigten uns schießend. Wir feuerten sehr dicht. Zur Antwort schossen die Bojewiki mit einem Granatwerfer auf den Panzer, trafen einen Hügel vor ihm. Der Kampf dauerte ungefähr eine Stunde.

* Am Morgen waren wir sehr erstaunt, vor uns lagen blutige Pfade. Sie hatten die Ihren hinter sich hergezogen. Zerfetzte Körperteile – das war W. der sie mit seinem schweren Maschinengewehr in Stücke gerissen hatte. Wir sammelten Trophäen – Automaten, Granatwerfer, Westen. Es ertönten Schüsse und Granatenexplosionen. Wie sich herausstellte, waren es verwundete Kämpfer, die bei uns in den Hinterhalt geraten waren. Zwei heil gebliebene Bojewiki waren zurückgeblieben und hatten sich zusammen mit den Verwundeten in die Luft gesprengt.

* In der Einheit gab es viele leere Betten mit Kerzen und Fotos der Jungs. In der Einheit gedachten wir Aller und erinnerten uns an sie als Lebende. Der Seele war es schwer. Wie verloren unsere Kumpels und bleiben am Leben. Wir haben zusammengesessen, zusammen gefeiert und jetzt gibt es sie nicht mehr. Nur die Erinnerungen blieben. Es gab einen Menschen, und jetzt ist er nicht mehr. Ganz in der Nähe schnappte dieser Tod mit den Zähnen zu und nahm, was ihm gefiel. Manchmal gewöhnst du dich an den Gedanken, dass du selbst dich irgendwann dort befindest und dein Körper sich in Staub verwandelt. Irgendwann möchtest du deinen Freund neben dir spüren, zusammensitzen, aber er ist nicht mehr, nur Fotos sind geblieben, auf denen ihre Gesichter lebendig sind. Es waren alles ausgezeichnete Jungs und wenn wir sie vergessen, dann sterben sie wirklich. Ruht Euch ewig aus, Brüderchen. Wir vergessen Euch nicht, irgendwann sehen wir uns wieder.

Aus Terroristen werden einfache Rentner

* Wir marschierten auf unserer Marschroute, der Kommandeur der Abteilung schrie, damit wir schneller gingen, aber sie hackten von zwei Seiten auf uns ein – vom Wald und von der benachbarten Straße. Wir gingen zwischen den Häusern durch. In Gruppen zerschlagen, gingen wir voran. Es war zu hören, dass der Kampf irgendwo vor uns stattfand. Wir wollten in die Vorgärten hinaus, aber erneut feuerten sie aus dem Wald mit Granatwerfern. Plötzlich tauchten vor uns Schatten auf. Einer im Fenster, ein andere im Keller. Ich warf automatisch eine Granate dorthin. A. feuerte auf das Fenster. Als wir nach dem Ergebnis sahen, fanden wir zwei Leichen: Großvater und Großmutter. Kein Glück gehabt.

* Über Funk meldete sich ein Bojewik bei B., der die 1GSN befehligte. Allah sehe alles und er sehe auch wer für den Glauben kämpft, deshalb sei klar, dass B. sterben werde. Es gab noch einen weiteren Versuch, durchzubrechen, der auch nichts brachte. Danach wurden den Leichen die Ohren, die Nasen abgeschnitten. Die Soldaten wurden durch all die Vorgänge zu Tieren.

* Am Morgen riefen sie A. und mich in den Stab und sagten, dass wir Begleitschutz seien. Wir gingen unzufrieden in zum Stab, weil die Kolonne in zwei Stunden abfahren sollte, aber uns schicken sie zu irgendeinem Begleitschutz. Als wir hinkamen, überreichte uns der Generalmajor der Division die erste Auszeichnung – die Suworow-Medaille für eine Spezialoperation noch im Oktober 1999. Das war für uns eine Überraschung. Die Medaille an der Brust, bewegten wir uns in Kolonne nach … Wir zahlten der Zugbegleiterin 500 Rubel und krochen in den Waggon. Nachdem wir unsere Sachen verteilt hatten, warfen wir die Medaillen in ein Glas und wuschen sie ab (tranken Wodka auf den Anlass). Der dritte Toast war allen gefallenen Kumpels gewidmet und jeder schlief ein, wo er konnte. Ziemlich schwer war diese Dienstreise für uns.

* Nach all dem Erlebten begann ich, ununterbrochen zu trinken. Oft stritt ich mit N., und obwohl sie schwanger war, gab ich mir trotzdem voll die Kante. Ich wusste nicht, was mit mir geschieht während der nächsten Dienstreise. Mit A., der sich bei mir einquartiert hatte, schlugen wir kräftig zu. Ich versuchte nicht einmal aufzuhören. Innen drin war in mir etwas zerbrochen und ich begann, mich jedem gegenüber kalt zu verhalten. Nach Hause kam ich nachts und angetrunken. N. war immer öfter enttäuscht und wir stritten. Sie weinte. Ich konnte sie nicht einmal mehr beruhigen. Die Tage einer neuen Dienstreise näherten sich und ich konnte nicht aufhören, ich wusste nicht, was dort geschehen wird. Es fällt mir schwer, diese Periode zu beschreiben, sie bestand aus Widersprüchen, Emotionen, Streit und Leiden. Besonders der letzte Tag vor der Dienstreise. Ich fuhr nach …, dort traf ich mich mit B. und wir soffen bis zum Morgen. Nach Hause kam ich gegen sieben Uhr, in anderthalb Stunden war Abfahrt. Als ich die Tür öffnete, bekam ich sofort von N. eine Ohrfeige. Sie hatte die ganze Nacht auf mich gewartet. Ich nahm schweigend meine Sachen und ging zum Zug, ohne mich zu verabschieden. Es gab ziemlich viel Streit in jener Zeit.

Der Krieg verändert einen Menschen

* Im Zug feierte unsere Schicht, ich lag auf der Liege und mir wurde bewusst, was mit mir alles geschehen war. Es war schwer und schmerzhaft im Innern, aber die Vergangenheit kannst du nicht zurückholen und berichtigen, und das macht es noch schmerzlicher …

* Auf dem Wege schliefen die einen, andere tranken, wieder andere wanderten vor lauter Nichtstun von Waggon zu Waggon. Wir kamen nach …, draußen war Winter, Schnee, Frost. Wir entluden. Eine Hälfte der Einheit flog mit Hubschraubern, die andere fuhr mit den eigenen Fahrzeugen. Auf den gepanzerten zu fahren war sehr kalt, aber es musste sein. Wir übernachteten in … im Regiment. Man brachte uns im Sportsaal unter, wir schliefen auf dem Fußboden in Schlafsäcken. Wir setzten uns an einen kleinen Tisch und bereiteten ein Cocktail zu: 50 Gramm reiner Sprit, 200 Gramm Bier und 50 Gramm Gurkenwasser – und das erwärmt so, dass einigen das Dach nicht schlecht wegflog und sie sich untereinander prügelten. Das Aufstehen am Morgen war schwer, aber wir hinterließen eine Visitenkarte. A. mit einem PK feuerte eine Garbe in die Luft. Danach war das Regiment im Schock, so ein Konzert hatte, so scheint’s, noch nie jemand gegeben, sie werden noch lange an uns denken. Ja, so muss sich Speznas auch verhalten.

* Die Spionageabwehr erfuhr von einer Gruppe von Selbstmordattentäterinnen. Wir stürmten ihr Versteck und nahmen drei Frauen fest. Eine war etwa 40, die anderen jünger, eine ganze 15. Sie standen unter Drogen und lächelten uns an. Zurück auf dem Stützpunkt, haben wir sie alle. Zuerst die Älteste, die die Schahidinnen (Märtyrerinnen) angeworben hat, sie wollte nicht reden. Das änderte sich, als wir mit elektrischem Strom arbeiteten. Dann wurden sie hingerichtet und ihre Körper gesprengt, um Beweise zu vernichten. So haben sie letztlich das bekommen, was sie wollten.

* Die Einheit hat ziemlich viel überlebt. Wir verloren rund 30 Gefallene und 80 Verwundete. Das ist ziemlich viel, nicht nur für die Einheit, sondern auch für die Mütter der Gefallenen. Denn du kannst ihnen die Frage nicht beantworten, warum bist Du am Leben geblieben, aber mein Sohn nicht? Es war zu schwer, den Müttern in die Augen zu schauen. Du kannst nichts machen und nichts mehr ändern.

Von der Ecke des Tisches tropfte Blut

* Ich ging zum 1GSN, auf den Betten der Gefallenen standen Kerzen. In der Mitte stand ein Tisch, auf dem Tisch lagen Berge von durchschlagenen Panzerwesten, Masken, die vor Dreck und Blut starrten. Das alles war mit Kerzen besteckt. Ein finsteres Bild. Daneben saß A. auf seinem bett. Ich setzte mich neben ihn und schweigend schauten wir auf dieses Bild. Plötzlich begann eine Katze, die in der Gruppe lebte, wie verrückt an einem Tischbein des Tisches zu kratzen, auf dem die Panzerwesten lagen. Und von einer Ecke des Tisches begann langsam Blut zu tropfen. Alle Westen waren trocken, lagen eine auf die andere getürmt. Und plötzlich Blut, und dann auch noch frisches. Schon bildeten sich an zwei Seiten kleine Pfützen. „Das sind die Jungs, die ein Zeichen geben, sie werden jetzt für immer um uns sein.“ Ja, in dem Vorgang war etwas Rätselhaftes und Unerklärliches… Er griff zu einer Wodkaflasche und wir gedachten schweigend und ich ging leise zurück zu meiner Gruppe.

* Um vier Uhr morgens wurden wir geweckt. Wir sollten nach … fahren und die weggeworfene SWD (Scharfschützengewehr Dargunow) und den Gefangenen einsammeln. Es regnete. Als wir ihn übernahmen, zeigte es sich, dass es ein junger Tschetschene war, vielleicht 15 Jahre alt, wir folterten ihn. Ich schoss dicht an seinem Kopf vorbei und er verriet alles. Er selbst erzählte über ihre Feldlager, Waffenverstecke, Funkstützpunkte, den Funker. Als wir ihn befragten, wurden wir vom Wald her beschossen, wir bereiteten uns auf einen Kampf vor, aber nichts passierte. Wir begannen, die erhaltenen Informationen zu verarbeiten. Um ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen, beschlossen wir, zuerst ein Versteck einzunehmen, dann Adressen. Mit dem 1GSN für wir mit vier Schachteln (Militärslang für BTR-Truppentransporter) nach …, nahmen das Versteck schnell ein. Dort waren zwei Schmel (tragbare Granatwerfer), etwa acht Kilogramm Trotyl (TNT) und eine 82-Millimeter-Mine. Sofort fuhren wir zur Adresse des Funkers. Wir drangen schnell ins Haus ein. Umzingelten ihn von allen Seiten. Wir fanden ihn in einem aufgegebenen Häuschen daneben. A. und B. zerrten ihn zum BTR. Der Tschetschene, der ihn an uns verraten hatte, identifizierte ihn, hielt ihn am Oberarm fest und drückte ihm eine Pistole an die Rippen.

Feinde wurden gesprengt und gefoltert

* Wir kehrten schnell zum Stützpunkt zurück. Nach kurzer Folter nannte er uns auch etliche weitere Adressen. Es wurde beschlossen, sie sofort auf heißer Spur zu nehmen. Wir fuhren mit der 3GSN (Elitetruppe, ausgebildet für den Nahkampf) zur Adresse der Brüder …, die in viele Bombenanschläge verwickelt waren. Als wir zum Haus kamen, bemerkten sie uns und durch die Vorgärten verschwinden. 3GSN drang ins Haus ein, wir nahmen die umliegenden Häuser ein, um 3GSN abzusichern. Als wir die Flüchtigen sahen, eröffneten wir das Feuer. Einen griff 2GSN, einen machten wir nieder, der älteste entkam. Die Leiche sammelten wir in der Nachbarstraße ein, niemand sah das. Und schnell zurück zum Stützpunkt. Dort sammelte sich schon eine Menge von Demonstranten.

* Auf dem Stützpunkt wurden die Kämpfer identifiziert und mit brutalen Methoden Informationen aus ihnen herausgepumpt. Der getötete Bojewik sollte völlig vom Antlitz der Erde gelöscht werden, indem er mit Trotyl bedeckt und gesprengt wird. Das musste morgens gegen vier Uhr geschehen, damit es keine Zeugen gibt.

* Alle Informationen übergaben wir an die Aufklärungsabteilung. Jetzt nur noch schlafen und fressen. Wann ich eingeschlafen bin weiß ich nicht mehr, so gegen zwei Uhr. Mit D. hatte ich bei einem Krug Sprit gesessen. Habe ein bisschen entspannt, aber nicht lange.

* Um 4:30 Uhr musste ich raus, dieser Mensch musste vom Antlitz der Erde getilgt werden. Wir wickelten ihn in Zellophan ein, fuhren zum …-Gebirgszug. Dort fanden wir eine Grube mit sumpfiger Brühe. Er wurde ihn in die Mitte der Grube geworfen. Ich legte ihm ein Kilogramm Trotyl auf das Gesicht, das andere zwischen seine Beine und entfernte mich auf dreißig Meter, ich schloss den Akkumulator an, eine Explosion ertönte. Wir gingen hin, um den Platz zu begutachten. Es roch nach Leiche, aber keine Spuren von Blut. Im Innern keine Emotionen. So verschwinden sie spurlos.

Die Heimat schätzt uns nicht

* Es war immer schade um die Jungs. Wie viele Verluste, wie viel Schmerz. Manchmal denkst du schon darüber nach, ob das nicht alles umsonst ist, warum und wofür. Die Heimat vergisst uns nicht, aber sie schätzt uns auch nicht. Jetzt ist in Tschetschenien alles gegen uns – das Gesetz, Russland, unsere Staatsanwaltschaft. Es gibt keinen Krieg, aber die Jungs sterben.

* Als ich in der Einheit war, kam A. mit einem Lächeln und sagte, dass N. eine Tochter zur Welt gebracht hat. Wegen dieser Überraschung wurde ich ganz verwirrt. Wir gingen nach …, um das Ereignis zu begehen und die Zeit löste sich im Raum auf. Kurz gesagt, N. kam am Montag nieder, ich tauchte erst nach drei Tagen auf. N. war beleidigt, ich kam mit B. zur Feier. Sie bat mich, Medikamente zu kaufen, ich ging mit S. zur Apotheke. Wir kauften, was nötig war und verschwanden in einer örtlichen Kneipe, wo ich mich noch einmal für 24 Stunden verlor.

* Nach ein paar Tagen brachte ich N. und die Kleine nach Hause. Ich nahm sie in die Hand, so ein wunderbares Kleinchen. J. erlaubte man nicht, sie auf den Arm zu nehmen und sie begann zu weinen, weil man ihr das nicht zutraute. Jetzt hatte ich zwei wunderbare Töchter. Ich bin froh, dass ich Töchter habe.

* Als wir aus dem Dorf herausfuhren, bekamen wir den Befehl, nach … zu gehen, dort war eine Bande von Bojewiki aufgespürt worden, die einen Hinterhalt gelegt hatte. Nachdem wir den Fluss … mit unseren BTR überquert hatten, kamen wir wieder in das Dorf. Die 6. Einheit hatte den Kampf mit dem Bojewiki schon aufgenommen, setzte sie schwer unter Druck, indem sie sie einkreisten, doch sie verteidigten sich aufopferungsvoll. Und sie baten um Hilfe, doch die anderen Kämpfer antworteten, sie mögen sich vorbereiten, Schahiden (Märtyrer) zu werden. Die eingekesselten Kämpfer wollten keine Schahiden werden, es sei ihnen zu früh, dann kann euch nur Allah helfen. Doch eine Gruppe reagierte und kam zu Hilfe, wir griffen auch sie an.

* Wir ruhten uns an irgendeiner Ausfahrt aus. Irgendwann morgens gab es in … eine starke Explosion, eine Schießerei begann und wir wurden zu den Waffen gerufen. Eine 3GSN fuhr raus. Wie sich zeigte, hatte eine Sprengladung eine BTR des 47. Regiments in die Luft gejagt. Fünf Männer waren tot, vier verletzt. Die Toten wurden auf einen Hubschrauberlandeplatz gelegt. Unsere Gruppe kam, um auf die Gefallenen zu blicken. Sie stand schweigend, jeder hatte seine eigenen Gedanken. Und der Tod war irgendwo in der Nähe…

* Jetzt wurde der Krieg immer brutaler. Früher hat man wenigstens etwas gesehen und wusste, auf wen man schießt, aber jetzt musste man warten, bis sie dich als erste beharken. Was bedeutet, du schießt bereits als Zweiter. Um uns herum war nur Betrug und dieser schmutzige Krieg, der Hass und das Blut der einfachen Soldaten, nicht der Politiker, die uns das alles eingebrockt haben, sondern das einfacher Jungs. Und neben diesem Betrug warfen sie mit Geld um sich, mit Kampfprämien (Gefechts-Sonderzulagen, die oft nicht ausgezahlt wurden), es war kurz gesagt, ein Sumpf. Aber ungeachtet dessen haben wir die dummen Befehle ausgeführt. Und fuhren erneut auf Dienstreise. Jeder hatte seine Gründe und seine Motive. Jeder blieb allein.

Brutale Säuberungen im Dorf

* In … töteten sie 2 FSB-ler (Mitarbeiter des Inlandsgeheimdienstes) und 2 von Alpha (Anti-Terror-Einheit). Alle herumziehenden Gruppierungen wurden aus … abgezogen und erneut nach … geworfen. Am 11. und 12. Februar gab es brutale Säuberungen im Dorf. Nachts schafften wir die Tschetschenen in den Filter (Lager, wo Tschetschenen gefoltert wurden, um Informationen zu erhalten), wo das Justizministerium sie brutal bearbeitete. Wir fuhren nach … und … in der Hoffnung, die Leichen der Unsrigen zu finden. Dann wurde die Sache etwas klarer. Um Informationen zu bekommen, waren die Alpha-Leute und die FSB-Leute in ein Dorf gefahren. Sie fuhren in zwei Fahrzeugen. Als erster fuhr ein Sechssitzer, dahinter ein Uasik (UAS, russischer Kübelwagen ) des medizinischen Notfalldienstes. Im Zentrum des Dorfes fuhr der 6-er aus irgendeinem Grunde zum Basar, aber die Buchaschka (UAS) fuhr weiter. Auf dem Basar wird der 6-er blockiert und von Kämpfern beschossen, per Funk konnten die Unsrigen nur noch mitteilen, dass sie gestoppt worden seien.

* Als die Buchaschka mit den Alpha-Leuten zum Basar kam, räumten die Frauen aus dem Ort das Glas weg und wuschen das Blut weg. Innerhalb weiterer fünf Minuten waren alle Spuren beseitigt, alles war wie vom Erdboden verschluckt. Erst nach zwei Tagen wurden die Leichen der zwei FSB-ler am Ortsausgang von… gefunden.

* Am Morgen überquerten wir die Brücke und fuhren zum Ort des Geschehens. Neben de Leichen stand der verbrannte 6-er. Die Leichen waren entstellt, offensichtlich waren sie gefoltert worden. Dann kamen sie von Alpha, sie teilten über Funk ihren Leuten mit, dass die Opfer keine Alpha-Männer, sondern Verbündete waren. Zurück im Stützpunkt, erfreute man uns mit der Nachricht, dass die Brücke, über die wir gefahren waren, vermint gewesen war, der Sprengsatz aber nicht gearbeitet hatte. Und dort, wo die Leichen lagen, war in drei Meter Entfernung ein 200-Liter-Fass in der Erde vergraben, in dem sich zwei Sprengsätze befanden, gefüllt mit kleinen Bleizylindern. Wenn das explodiert wäre, hätte es noch viel mehr Leichen gegeben.

Ich sehne mich nach meiner geliebten Tochter

* Heute hat meine geliebte J. Geburtstag. Sie wird fünf Jahre alt. Ich wollte ihr so sehr gratulieren, aber ich war sehr weit weg. Ich habe ihr versprochen, ihr einen Papagei zu kaufen, aber erst dann, wenn ich zurückkomme. Ich sehne mich so nach meiner geliebten Tochter, sie fehlt mir sehr. Ich weiß, wie sehr sie auf ihr Väterchen wartet, und einmal sah ich, wie sie für mich betete. Das hat meine Seele erschüttert. In Kinderart rein und von der Seele kommend bat sie Gott, dass es Papa und Mama gut gehen möge. Das hat mich stark erschüttert.

* Als wir in den Stützpunkt kamen, machten wir es uns bequem und nahmen unser Abendbrot. Als wir fraßen, fiel ein Schuss. Wie später klar wurde, hatte einer unserer Soldaten auf einen anderen geschossen, der herumlief, ohne die Parole zu kennen. Die Verwundung im Bauch war schwer, die Austrittswunde groß wie eine Faust. A. von 3GSN. Nachts brachten sie ihn mit dem Hubschrauber weg. Ob er überlebt, weiß ich nicht. Der Krieg wird immer unverständlicher, Unsere die Unsrigen. Und manchmal führt es bis zum Absurden und Unbegreiflichen, es ist unverständlich, wofür und für wen.

* Am Abend schaute ich mir meine Medaille „für militärische Tapferkeit“ an, die man mir vor der Abfahrt verliehen hatte. Das war natürlich angenehm. Angenehm auch, wenn man rechtzeitig geschätzt wird. Ich schlief schlecht, die ganze Nacht hämmerte die in den Bergen die Artillerie.

* Am Morgen fuhren wir zu Adressen in …. An der ersten Adresse nahmen wir schnell zwei Leute fest. Frauen fingen an zu schreien, aber das war schon draußen. Eine Menge versammelte sich, aber wir stießen die zwei Tschechi in ein Auto und rasten zu einem Filter außerhalb des Dorfes. Dort übergaben wir sie den Termiten (Geheimdienstlern), die ihnen schnell den Goldschmuck abnahmen, zehn Minuten später wurde ich wegen des Goldes beschuldigt. Los ging’s zur nächsten Adresse, wir griffen einen jungen Tschech und einen älteren. Neben dem Filter warfen wir sie mit Säcken auf dem Kopf raus, unsere Kämpfer prügelten sie mit aller Kraft, dann wurden sie den FSB-lern übergeben.

* Ich schreibe meine Erinnerungen für meine Familie… Ich möchte hinfahren, alle umarmen und sie necken, im Moment vor allem N., aber das sind vorläufig nur Träume.

* Am 14. morgens fuhren wir nach …, dort hatte ein Soldat zwei Offiziere und einen Ment (Slang für Polizist) niedergemacht und seine Einheit verlassen.

Wir hielten am (…) an, badeten und wuschen unsere Wäsche, noch zwei Wochen blieben, und dann ab nach Hause. In letzter Zeit, wahrscheinlich wegen des starken Heimwehs, wollte ich mich nur noch mit häuslichen Angelegenheiten beschäftigen und mich ablenken von dieser Scheiße.

Ich brachte meinem Kind ein Esel mit

* Wir waren auf Erholung eingestellt, die Ortsbewohner brachten uns was zu Essen, aber kaum hatten wir zu essen angefangen, wurden wir von diesem Ort wegbeordert. Wir fuhren an den alten Platz, wo wir mit der Suche nach diesem Misthund begonnen hatten. In der Dunkelheit erledigten wir unsere Angelegenheiten. Wie ich eingeschlafen bin, weiß ich nicht, ich schaute auf die Sterne und schlief ein. Gegen acht Uhr erfuhren wir, dass sie den Mistkerl am Morgen umgebracht haben. Worauf er gehofft hatte, weiß ich nicht. Auf der Straße rammte A. alle tschetschenischen Autos, auf den Straßen verbreiteten wir mit unseren BTR Schrecken und alle fürchteten uns.

* Meine Tochter bat mich, ihr einen Esel zu schenken. Ich lachte, dann aber dachte ich, warum eigentlich nicht? Als meine Dienstreise sich dem Ende näherte, bat ich die Tschetschenen, für mich einen kleinen, preiswerten Esel zu finden. Ich und die Jungs füllten ihn mit Schmerzmitteln ab, damit er ruhig blieb und verluden ihn im Waggon, wo sich die Waffen befanden. Am Kontrollpunkt auf dem Wege nach Hause, als ein General die Papiere unserer Kolonne prüfte, fing der Esel an zu schreien, wie ein Verrückter. Was geht hier vor, sagte er. Ihm fiel der Kiefer herunter, als wir es ihm sagten, dann begann er, laut zu lachen. Nach Hunderten Kilometern verlud ich das Tier schließlich in ein Auto und brachte es meinem Kind. Alle waren schockiert. Mission erfüllt.

* Ich hatte von Anfang an eine schlechte Vorahnung. Aber der Chef der Aufklärung war überzeugt, dass alles gut wird. An dem Tag ging ich mit S. baden. Am Abend regnete es stark, man hatte so ein Gefühl – Jungs bleibt lieber zu Hause… Unser Zelt stand unter Wasser, Ratten rannten durchs Zelt. Das weckte starke Zweifel hinsichtlich der Operation. Bis zwei Uhr in der Nacht konnte ich nicht einschlafen, ich schließe die Augen und sehe nur Finsternis.

* Wir fuhren in völliger Dunkelheit in die Siedlung …, die Schachteln blieben am Straßenende, wir gingen zu Fuß zu den Adressen. 1GSN sicherte uns. Leise umstellten wir das Haus, mit der Sturmleiter kletterten wir schnell über die Mauer. Im Hof nahm jeder seinen Platz ein. Am Fenster stand E., Sch., S. gingen zur Tür, ich kam von der Seite, von hinten I. Wir orientierten uns schnell, Sch. schlug die Tür ein, gleichzeitig fielen Schüsse von der Rückseite des Hauses. Die Kugeln trafen Sch., seine entsicherte Rauchgranate explodierte. S. stieß mich zur Seite und verschwand im Rauch. Ich kroch auf dem Rücken über den Hof. E. trug Sch. mit den Jungs fort. Er war schwer. Die Kugel war zwischen den Schutzplatten auf der Seite eingedrungen und kurz über dem Herzen ausgetreten. Wir legten ihn auf den BTR von 1GSN und er fuhr nach …. Wir überprüften die Leute, einer fehlte, wir suchten ihn. Aus dem Haus wurden kurze Geschossgarben gefeuert. Wir umstellten das Haus, wir schossen nicht, es war eine Falle. Man hätte uns alle eingesperrt, wie später klar wurde, wenn wir das Haus zerstört hätten, weil wir zu dem Zeitpunkt nicht das Recht dazu hatten. Uns waren einfach die Hände gebunden. Wie sich herausstellte, gab es nicht einmal einen Befehl für diese Operation. Es war nur das Ergebnis gefragt.

* Es stellte sich heraus, dass er mit unseren Händen eine Rechnung mit dem begleichen wollte, auf den wir angesetzt worden waren. Dafür hat er seinem Chef ein paar AK (Kalaschnikow) versprochen. S. lag vor der Tür. Eine Kugel hatte ihn in den Kopf getroffen, die andere ins Genick. In einem dieser Momente hatte er mich von der Tür weggestoßen und mir so das Leben gerettet.

Dem Chef waren die einfachen Kämpfer scheißegal

* Über Funk teilten sie uns mit, dass Sch. noch vor dem Start gestorben ist. Der Arzt sagte, dass er sowieso nicht überlebt hätte. Die Gefäße oberhalb des Herzen waren durch die Kugel zerfetzt worden. Eine ganze Geschossgarbe hat Sch. Getroffen, aber nur eine einzige Kugel hat sein Leben beendet. In mir war alles leer. Meine Vorahnung hatte mich nicht getäuscht. Als ich zum Stützpunkt zurückfuhr, lagen die Jungs auf dem Startplatz in der Siedlung … in Leichensäcken. Ich öffnete den von Sch., nahm seine Hand und sagte: „Verzeih.“ S. lag schon aufgedunsen im Sack. Der Chef kam nicht einmal heraus, um sich von den Jungs zu verabschieden. Er war total besoffen, in dem Moment begann ich ihn zu hassen.

* Ihm waren die einfachen Kämpfer immer scheißegal, er machte sich durch sie nur einen Namen. Anschließend beschuldigte und erniedrigte er mich in einer Versammlung wegen dieser Operation, machte mich zum Schuldigen am Tod der Jungs. Der Hund. Macht nichts, nichts dauert ewig, irgendwann wird man es ihm für alles und alle heimzahlen.

* Wir wurden losgeschickt, um ein RPK (leichtes Kalaschnikow-Maschinengewehr) zu suchen, das die Bojewiki während eines Gefechts weggeworfen hatten. Wir fanden es nicht. In meiner Wut, wegen allem, was vorgefallen war, prügelte einen Kämpfer. Er fiel auf die Knie und schrie, er erinnere sich nicht, wohin er es geworfen hat. Wir zogen ihn an einem Strick hinter dem BTR her.

* Du denkst darüber nach, vielleicht reicht es, wie lange reichen die Kräfte noch aus. Oder sollte man sich auch noch mit seinem eigenen Leben beschäftigen. Leben für die Familie, die Kinder, für die geliebte N., der man ein Denkmal setzen sollte für all das Elend mit mir, für die Leiden, das Warten. Ich bin schon 31. Wahrscheinlich sollte ich aufhören, aber vielleicht noch ein bisschen. Ich will nicht beim Erreichten stehen bleiben, ich will mehr, ich will Ruhe und Wohlstand, ein gemütliches Heim. Das werde ich erreichen.

Ich denke jetzt über meine Taten nach

* Ein Jahr meines Lebens ist vergangen. Das letzte Jahr war sehr schlecht. Gefallen sind A., B., W., G. Die Menschen, die mit mir im Dienst und im Leben zusammen waren, sind nicht mehr… Ich denke jetzt viel über mein Leben nach, über meine Taten. Möglicherweise denkst du öfter daran, je älter du wirst. Mögen diese Zeilen nach mir erhalten bleiben. In ihnen ist mein Leben. Meins. Schade ist nur, wenn ich einige Gefechte etwas anders gestaltet hätte, dann wären vielleicht meine Jungs noch am Leben. Vielleicht nimmt das Leben das Seine, das Schicksal auch. Ich vermisse mein Heim so sehr, ich habe diese Dienstreisen satt.

* Wie sich zeigt, ist es einfacher mit dem äußeren Feind zu kämpfen, also mit demjenigen, der auf dich schießt, als mit den „Feinden“ im Innern. Es ist mir peinlich, dass alles so gekommen ist. Ich habe gekämpft, und in einem Augenblick verwandelte sich alles in Staub. Ich habe der Einheit 14 Jahre meines Lebens gegeben, ich habe viel und viele verloren.

* Ich habe auch viele angenehme Erinnerungen, aber nur über diejenigen, die tatsächlich ihr Leben für die Einheit hingegeben haben. Die Zeit und das Leben stellen wie immer alles auf ihren Platz. Schade, dass man darin nichts korrigieren kann. Man kann nur versuchen, die eigenen Fehler nicht zu wiederholen und normal zu leben.

* Mit diesem Tag endete mein Dienst in der Sondereinheit. Die Einheit hat mir viel gegeben und viel genommen.

Aus dem Russischen von Manfred Quiring

 

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