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Das Fremdenrechtsänderungsgesetz erhöht den Druck auf Asylwerber. Von Unterbringung in Rückkehrzentren über Geldstrafen bis zur Beugehaft reichen die Sanktionsmöglichkeiten 

Innsbruck/Wien – In Fieberbrunn im Tiroler Bezirk Kitzbühel laufen die Vorbereitungen für die Wintersaison bereits auf Hochtouren. Allerdings werden sich am Bürglkopf heuer wohl nicht alle Gäste gern und freiwillig aufhalten. Denn das ebendort befindliche Flüchtlingsheim wird mit 1. November zum Rückkehrzentrum des Bundes umfunktioniert.

Zentren für Ausreisepflichtige

Das heißt, hier sollen künftig all jene Asylwerber aus Westösterreich zusammengefasst werden, deren Asylantrag rechtskräftig negativ beschieden wurde und die zur Ausreise verpflichtet sind. Derzeit sind bundesweit mindestens drei solche Zentren geplant: Neben Fieberbrunn soll es auch im Kärntner Krumfelden und dem steirischen Steinhaus am Semmering derlei Einrichtungen geben. Abgelehnte Asylwerber erhalten dort intensive Rückkehrberatung und sind aufgefordert, dabei freiwillig mitzuwirken.

Seitens des Landes Tirols, das es laut der für Flüchtlingsfragen zuständigen Landesrätin Christine Baur (Grüne) wie andere Bundesländer abgelehnt hat, eine derartige Einrichtung zu betreiben, sieht man dem Vorhaben mit gemischten Gefühlen entgegen. Denn all jene, die keine Aussicht auf eine Zukunft in Österreich haben, in einer Einrichtung zusammenzufassen, könnte zu unerwünschten Dynamiken führen: „Da dort Menschen leben werden, die unter großer Sorge und Druck stehen, wird es umso wichtiger sein, dass der Bund sich intensiv um die Betreuung kümmert.“

Mehr Polizei zugesagt

Hinzu kommt, dass die am Bürglkopf untergebrachten Asylwerber den Bezirk Kitzbühel künftig nicht mehr verlassen dürfen. Um etwaige Sicherheitsbedenken auszuräumen, hat man der Gemeinde Fieberbrunn seitens der Landespolizeidirektion eine Aufstockung der Arbeitsplätze in der örtlichen Dienststelle zugesagt.

Die Umfunktionierung des einstigen Länder- und späteren Bundesbetreuungsquartiers am Bürglkopf in ein Rückkehrzentrum ist eine der Folgen des von der inzwischen abgewählten rotschwarzen Bundesregierung im Jänner 2017 akkordierten Stufenplans (siehe Wissen). Das Ziel: Negativ beschiedene Asylwerber sollen zum Wiederverlassen Österreichs bewogen werden.

Bedenken wegen Geldstrafen

Die Verlegung in ein Rückkehrzentrum, die laut Anny Knapp von der Asylkoordination Einzelpersonen ebenso wie Familien betreffen soll, entspricht dabei Stufe zwei. Starke Bedenken hegt Knapp wegen der möglichen Folgen von Stufe drei: den hohen Geld- oder Ersatzhaftstrafen für Personen, die sich am Ende der Ausreisefrist immer noch im Land befinden. Da abgelehnte Asylwerber die Strafen in der Regel nicht bezahlen könnten, sei mit „starker Zunahme inhaftierter Ausländer in Österreich“ zu rechnen.

Im Fall wiederholter Ersatz- oder Beugehaft sowie langer Einsperrung aufgrund der mit der Novelle auf potenziell bis zu 18 Monate verlängerten Schubhaft werde man wieder „den mühsamen Beschwerdeweg zu den Höchstgerichten“ gehen müssen, meint Knapp. Bei den Neos bezeichnet Asylsprecher Niki Scherak das Wegsperren ausreiseverpflichteter Ausländer als „sinnlos, solange es nicht ausreichend Rückführungsabkommen mit Herkunftsstaaten gibt“. (Irene Brickner, Steffen Arora, 31.10.2017)

Die Eckpfeiler des neuen Gesetzes

Am 1. November treten im Rahmen des Fremdenrechtsänderungsgesetzes Änderungen im Umgang mit Asylwerbern, negativ beschiedenen Flüchtlingen und anderen Ausländern in Kraft, die stufenmäßig zunehmenden Druck in Richtung Wiederausreise aufbauen sollen.

Asylwerbern, die am Verfahren „nicht mitwirken“, etwa die Herkunft verschweigen, kann die Unterkunftnahme in einem bestimmten Länderquartier angeordnet werden. In der Grundversorgung haben Asylwerber Wohnsitzbeschränkung in einem einzigen Bundesland.

Nach einem rechtskräftigen Asylnegativbescheid mit Rückkehrentscheidung können Ausländer in ein Rückkehrzentrum mit starker Rückkehrberatung verlegt werden. Sie dürfen den politischen Bezirk nicht verlassen.

Wer nach Ende der Ausreisefrist nicht ausgereist ist oder trotz Einreiseverbots einreist, wird mit 5000 bis 15.000 Euro Geldbuße oder bis zu sechs Wochen Haft bestraft.

Wer beim Beschaffen von Ausreisepapieren nicht kooperiert, riskiert bis zu sechs Wochen Beugehaft. (bri)

 

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