ULRIKE KREINIG MIT DEM EHRENAMTS-PREIS DER STADT, DEN SIE NUN AUS PROTEST ZURÜCK GEGEBEN HAT © GERALD WINTER-PÖLSLER

 Ein verurteilter Jihadist aus Syrien darf in Österreich bleiben, eine bestens integrierte Familie aus Tschetschenien wurde abgeschoben. Engagierte Grazer üben heftige Kritik.

Die achtköpfige Familie Jasakov wurde am Montag abgeschoben. Das Foto stammt von der gemeinsamen Weihnachtsfeier mit Ulrike und Klaus Kreinig © kk
Es war eine emotionale Wutrede, die Ulrike Kreinig da im Grazer Rathaus gehalten hat. Kurt Hohensinner, Stadtrat für Sport, Bildung, Soziales und Integration, lud zum Neujahrsempfang für engagierte Ehrenamtliche – und Kreinig nutzte diesen Rahmen, um ihrem Frust und ihrer Wut freien Lauf zu lassen.

Vor einem Jahr hatte Kreinig von Hohensinner einen Preis überreicht bekommen für ihr ehrenamtliches Engagement. Gestern gab sie ihm den Preis zurück – aus Protest gegen die Abschiebung der Familie Jasakov aus Tschetschenien. „So kann man mit Menschen nicht umgehen“, sagt sie, den Tränen nahe. „Die ganze Arbeit, für die ich diesen Preis bekommen habe, ist für die Katz’. Der Preis ist für mich zu einer Farce geworden.“ Sagts, und drückt Hohensinner in seinem Büro voller Ehrenamtlicher den Preis in die Hand.

Flüchtlingsfamilie
Die achtköpfige Familie Jasakov wurde am Montag abgeschoben. Das Foto stammt von der gemeinsamen Weihnachtsfeier mit Ulrike und Klaus Kreinig © kk

Kreinig hält seit Jahren Deutsch- und Englischsprachkurse für Flüchtlinge, vor allem für Frauen. Ihr Mann Klaus kümmert sich um die Männer. Zur achtköpfigen Familie Jasakov ist über die fünf Jahre, die sie in Österreich waren, „eine echte Freundschaft entstanden“, so Kreinig. „Wir hatten für die Eltern fixe Jobzusagen, die könnten seit zwei Jahren arbeiten und Steuern in Österreich zahlen.“ Darüber hinaus hätte sich die ganze Familie ebenso ehrenamtlich engagiert. Und trotzdem wurden sie diese Woche abgeschoben.

Ich verstehe Ihren Frust. Aber der Fall wurde vier Mal gerpüft, wir müssen Gesetze einhalten.

KURT HOHENSINNER

Integrationsstadtrat Kurt Hohensinner (ÖVP) kennt den Fall. „Ich verstehe Ihren Frustund dass Sie ein Zeichen setzen wollen“, sagte er zu Ulrike Kreinig. „Aber der Fall wurde vier Mal geprüft, wir müssen Gesetze einhalten.“ Als Kommunalpolitiker hat er in diesem Fall keine Kompetenzen.

Auf Nachfrage sieht auch er eine „Schieflage“ und versteht den Unmut vieler darüber, dass verurteilte Jihadisten bleiben dürfen, gut integrierte Familien aber nicht. „Mein Ansatz wäre, einerseits Integration über Leistung zu berücksichtigen, andererseits strenger zu werden, was Verurteilung betrifft: Bei einem halben Jahr Haft sollte der Asylstatus aberkannt werden“, so Hohensinner.

Weitere Tschetschenen abgeschoben

Ulrike Kreinig hofft jetzt auf ein „humanitäres Bleiberecht. Der Antrag läuft noch, aber sie wurden trotzdem abgeschoben“. Da ist die Familie Jasakov kein Einzelfall. Wie Radio Ö1 berichtet, sind am Montag rund 20 Tschetschenen per Charterflug abgeschobenworden. Darunter ein österreichischer Staatsmeister in Taekwondo, der in Bad Gastein als Trainer tätig war und bei einem Deradikalisierungsprojekt mitgearbeitet hat.

 

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