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Schuldspruch wegen schweren Betrugs. Urteil nicht rechtskräftig.

Nach über achtmonatiger Verhandlungsdauer ist am Dienstag ein Wiener Rechtsanwalt am Landesgericht wegen versuchten Millionen-Betrugs zu drei Jahren unbedingter Freiheitsstrafe verurteilt worden. Das Gericht erachtete es als erwiesen an, dass sich der Jurist mit einem nicht rechtmäßig zustande gekommenen Testament das Vermögen eines im Jahr 2011 verstorbenen Ex-Diplomaten verschaffen wollte.

Von einem zweiten Anklagefaktum – dabei ging es um ein ebenfalls fragwürdiges Testament, mit dem sich der Anwalt laut Staatsanwaltschaft ein Zinshaus in Hernals im Wert von rund zwei Millionen Euro unter den Nagel reißen wollte – wurde der Jurist freigesprochen. Verteidiger Rudolf Mayer erbat Bedenkzeit, Staatsanwalt Florian Kranz gab keine Erklärung ab. Die Gerichtsentscheidung ist damit nicht rechtskräftig.

Der Anwalt war in der seit Anfang Oktober laufenden Verhandlung optisch kaum wiederzuerkennen. Er befindet sich seit Ostern in U-Haft, weil er – was er entschieden bestreitet – einen Mordauftrag gegen die für sein Betrugsverfahren zuständige Staatsanwältin sowie einen Belastungszugen vergeben haben soll. Seit seiner Inhaftierung hat der gut genährte Anwalt deutlich an Gewicht verloren.

Er steht im Verdacht, einem Bekannten erklärt zu haben, dieser möge die Staatsanwältin „verschwinden“ lassen. Überdies soll der Jurist jenem Mann in Bezug auf einen Testaments-Zeugen, der im Ermittlungsverfahren gegen ihn ausgesagt hatte, aufgetragen haben, er möge den 57-Jährigen überfahren bzw. ihn durch die Mafia nach Bulgarien verschleppen oder dessen Tochter entführen lassen. Der Bekannte – ein Autohändler bulgarischer Abstammung – ging zur Polizei und erstattete Anzeige.

Dass die Anklagebehörde dem Anwalt auch versuchte Bestimmung zum Mord unterstellt, kam beim heutigen Prozess-Finale nicht zu Sprache. Die Staatsanwältin ließ sich allerdings von einem Kollegen vertreten, der in Verteidiger-Kreisen als ein besonders strenger Vertreter seiner Zunft gilt.

Im zeitlich weiter zurückliegenden Anklagepunkt fällte der Schöffensenat (Vorsitz: Michael Tolstiuk) einen Schuldspruch. Als im August 2011 ein ehemaliger Botschafter im 88. Lebensjahr verstarb, hinterließ dieser ein Vermögen von insgesamt 1,7 Millionen Euro. In einem Testament, das in weiterer Folge vorgelegt wurde, wurden neben der Witwe überraschenderweise die Ehefrau sowie die ehemalige Sekretärin und Ex-Geliebte des Anwalts mit je einem Drittel bedacht. Dass es sich dabei – wie von der Staatsanwaltschaftangenommen – um eine glatte Fälschung handelte, war nicht mehr feststellbar. Sehr wohl ließ sich aber dem nicht rechtskräftigen Urteil zufolge beweisen, dass das Testament nicht rechtmäßig zustande gekommen war. Denn nachgewiesenermaßen waren keine Testamentszeugen anwesend, als der betagte Ex-Diplomat seinen Letzten Willen bekundete. Der angeklagte Anwalt hatte jedoch drei Personen im Nachhinein dazu gebracht, mit ihren Unterschriften zu bezeugen, persönlich anwesend gewesen zu sein, als der 88-Jährige das Testament unterschrieb. Zwei dieser Zeugen behaupteten später auch vor Gericht, sie hätten den 88-Jährigen bei der Unterschriftleistung gesehen. Der dritte deckte jedoch den Schwindel auf, wandte sich an die Strafverfolgungsbehörden, kam damit selbst ungeschoren davon und bewirkte letzten Endes die Verurteilung des Anwalts und der beiden Zeugen, die als Mitangeklagte wegen Beteiligung am versuchten schweren Betrug und falscher Zeugenaussage nicht rechtskräftig jeweils ein Jahr auf Bewährung ausfassten.

Im zweiten inkriminierten Faktum reichte die Beweislage demgegenüber nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit für eine Verurteilung aus. Der vorsitzende Richter bezeichnete das inkriminierte Geschehen zwar als „ungewöhnlich“, es gebe aber „keine Beweise, die die Anklage stützen“. Ein 58 Jahre alter Eigentümer eines Hernalser Zinshauses war im August 2013 tot in seiner Wohnung aufgefunden worden. Im Anschluss tauchte ein Testament auf, in dem der Anwalt als Alleinerbe aufschien. Das Testament hatten eine mit dem Anwalt bekannte Immobilienmaklerin sowie zwei Bedienstete eines Lokals unterschrieben, in dem der Anwalt und der Erblasser regelmäßig freitags zu Mittag Fisch aßen.

Zivilrechtlich ist mittlerweile geklärt, dass der Rechtsanwalt aus formaljuristischen Gründen keinen Anspruch auf diese Immobilie hat. Nach einem langwierigen Rechtsstreit, der durch sämtliche Instanzen ging, steht nunmehr fest, dass die Tante des Verstorbenen rechtmäßige Erbin ist.

 

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